Fall Madeleine McCann:Verdächtiger beantragt Haftentlassung

Die JVA Kiel

Die JVA Kiel, in der Christian B. eine Haftstrafe wegen Rauschgifthandel absitzt.

(Foto: imago/imago)

Christian B. will den Rest seiner bis 2021 dauernden Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzen lassen. Sein Antrag ist im Prinzip möglich - und sorgt für neue Verwirrung.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Man kann nur ahnen, wie es den Eltern von Madeleine McCann geht in diesen verwirrenden Tagen. Vor 13 Jahren verschwand ihre damals dreijährige Tochter aus einer Ferienanlage in Praia da Luz im Süden Portugals. Und seit zwei Wochen jagt plötzlich eine Meldung aus Norddeutschland die nächste. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig und das Bundeskriminalamt hatten öffentlich gemacht, dass ein 43-jähriger Deutscher im Verdacht stehe, die Engländerin ermordet zu haben. Aber es gibt wieder Nachrichten im Fall McCann.

Der Verdächtige sitzt derzeit in der JVA Kiel, wegen Drogenhandels auf Sylt. Jetzt wurde bekannt, dass er beantragt habe, den Rest seiner bis 2021 dauernden Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Das ist nach zwei Dritteln der Haftzeit im Prinzip möglich. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kiel allerdings findet, "dass sie örtlich nicht zuständig ist". Sie gebe die Sache an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig zurück.

Dort war Christian B. 2016 wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden, er hatte die Strafe dann zwischen 2017 und 2018 in der JVA Wolfenbüttel abgesessen. Nun soll sich das Braunschweiger Landgericht also um den Antrag des in Kiel Inhaftierten kümmern. Eine Sprecherin war zunächst überrascht. Dann sagte sie, das Schriftstück sei per Fax eingegangen, man werde nach Akteneinsicht entscheiden.

Es soll belastbare Indizien dafür geben, dass das Mädchen getötet wurde

Gleichzeitig müssen der Bundesgerichtshof und der Europäische Gerichtshof im Rahmen einer Revision darüber befinden, ob B. wegen Vergewaltigung einer US-Amerikanerin in Portugal sieben Jahre ins Gefängnis muss. Dazu war er Ende 2019 ebenfalls in Braunschweig verurteilt worden, aber das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Und mit Fällen anderer Vermisster wird B. auch in Zusammenhang gebracht, bisher ohne Beweise.

In England sorgt das alles für einige Aufregung, zumal der Braunschweiger Staatsanwalt Hans Christian Wolters bestätigt, dass sich seine Behörde mit der Familie McCann in Verbindung gesetzt habe. Man habe den Eltern geschrieben. Englische Medien behaupten, die deutschen Ermittler hätten dabei erwähnt, dass sie konkrete Hinweise für den Tod von Madeleine besäßen. Wolters nennt den Inhalt des Schreibens nicht. Aber er sagt der SZ, sie hätten "belastbare Indizien dafür, dass das Mädchen getötet wurde", und zwar von dem Verdächtigen. Dies sei das Ergebnis "seriöser Ermittlungsarbeit der vergangenen zwei Jahre."

Welche Indizien außer nahe des Tatorts registrierten Handynummern, Fotos von Fahrzeugen und Häusern sowie Chat- und Zeugenhinweisen das sind, verrät er nicht. Man habe sich bewusst dafür entschieden, "dass wir die Karten nicht auf den Tisch legen. Aus ermittlungstaktischen Gründen." Auch wenn präzise Angaben für die Eltern McCann einfacher wären. Wolters spricht von "fehlenden Puzzleteilchen". Es gebe Beweise, die seien "aber eben nicht forensisch." Also keine Leiche. Bisher gibt es im Fall McCann keinen Haftbefehl gegen B., keine Anklage, keine Vernehmung.

Kate und Gerry McCann schreiben auf ihrer Website dies: Die Nachricht, dass sie einen Brief von den deutschen Behörden bekommen hätten, wonach es Anhaltspunkte oder Beweise dafür gebe, dass Madeleine tot sei, "ist falsch". Wie so viele substanzlose Storys, so das Ehepaar, "hat das Freunden und Familie unnötige Angst gebracht und einmal mehr unsere Leben zerrissen".

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