Süddeutsche Zeitung

Braunschweig:Anklage gegen Christian B. erhoben

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Die Staatsanwaltschaft Braunschweig wirft dem 45-Jährigen, der auch im Fall Madeleine McCann als Hauptverdächtiger gilt, Vergewaltigung und Kindesmissbrauch vor.

Der Fall Madeleine McCann hat auf den ersten Blick nichts zu tun mit jener Meldung, die die Staatsanwaltschaft Braunschweig am Dienstagnachmittag verkündete. Man habe vor dem Landgericht Braunschweig Anklage erhoben gegen einen 45-Jährigen, es gehe um drei Fälle der schweren Vergewaltigung und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern, teilte die Justizbehörde mit. Keines dieser Kinder ist Madeleine McCann, aber ihr Name taucht dann doch noch auf in der Pressemitteilung. Denn beim Angeschuldigten handelt es sich um Christian B., jenen Mann, der seit einiger Zeit auch als Hauptverdächtiger gilt im Fall des vermissten Mädchens. Am 3. Mai 2007 war die damals Dreijährige aus einer Ferienanlage in Praia da Luz im Süden Portugals verschwunden. Seither wird nach der Engländerin gefahndet, es ist einer der bekanntesten Vermisstenfälle Europas.

Anfang Juni 2020 war in der Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" verkündet worden, dass es im Fall McCann einen Tatverdächtigen gebe. Es handele sich um einen mehrfach vorbestraften Sexualstraftäter, verurteilt auch wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Christian B. habe von 1995 bis 2007 regelmäßig an der Algarve gelebt, auch in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz, wo Madeleine McCann verschwand. Derzeit sitzt B. wegen eines Drogendelikts und einer Vergewaltigung einer US-Amerikanerin in Portugal eine mehrjährige Haftstrafe in der JVA Oldenburg ab.

Jene Straftaten, die ihm die Staatsanwaltschaft Braunschweig nun vorwirft, soll Christian B. zwischen Ende Dezember 2000 und Juni 2017 in Portugal begangen haben. In einem Fall soll er eine etwa "70-80 Jahre alte Frau" in ihrer Ferienwohnung im Schlafzimmer gefesselt und vergewaltigt haben. In einem weiteren wird er angeschuldigt, ein "unbekannt gebliebenes, deutschsprachiges Mädchen im Alter von mindestens 14 Jahren" in Praia da Luz zum Oralverkehr gezwungen zu haben. Beide Taten soll er mit einer Videokamera aufgezeichnet haben.

Der über 100 Seiten umfassenden Anklageschrift seien mehrjährige, intensive und aufwendige Ermittlungen in mehreren europäischen Ländern vorangegangen, vor allem durch das Bundeskriminalamt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Das Braunschweiger Landgericht muss nun entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.

Die Ermittlungen im Fall Madeleine McCann indes dauern der Staatsanwaltschaft zufolge weiter an. Informationen zu den bisherigen Ergebnissen wollen die Ermittler weiterhin nicht mitteilen. Für eine Anklage fehlt ihnen in diesem Fall aber offenbar noch etwas.

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