Ludwigshafen: Mord an Lehrer:Gezielte Rache

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Der Gewaltakt war geplant: Der 23-Jährige, der an einer Berufsschule in Ludwigshafen seinen Ex-Lehrer erstach, hat sich offenbar zuvor im Internet mit anderen Amokläufen beschäftigt.

Bereits 2004 hatte Florian K. die Berufsbildende Schule für Technik in Ludwigshafen verlassen. Von den vermeintlichen Ungerechtigkeiten, die ihm dort widerfahren waren, konnte er sich aber offenbar nicht losmachen: Die seiner Meinung nach unangemessen schlechten Zensuren in seinem Zeugnis machte er für das Scheitern seines weiteren beruflichen Weges verantwortlich.

Mord aus Rache: An einer Berufsschule im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen tötete ein ehemaliger Schüler seinen früheren Lehrer. (Foto: Foto: ddp)

So bewaffnete sich der 23-Jährige am frühen Morgen des 18. Februar mit Messer und Schreckschusspistole und machte sich auf zu seiner alten Schule - wo er gezielt auf einen ehemaligen Lehrer losging.

Einen Tag nach der Gewalttat des ehemaligen Schülers in der Berufssschule im Ludwigshafener Stadtteil Mundenheim, bei ein Pädagoge getötet wurde, kommen nun immer neue Einzelheiten über die Tatumstände ans Licht.

Wut über schlechte Beurteilungen

"In der Vernehmung hat der junge Mann angegeben, eine große Wut auf den Lehrer gehabt zu haben, weil dieser ihm sehr schlechte Noten gab", sagte der leitende Oberstaatsanwalt Lothar Liebig auf einer Pressekonferenz. Man ermittele nun gegen den früheren Schüler wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen.

Bei dem Opfer handelt es sich um einen 58-jährigen Familienvater aus Hessen. Er unterrichtete an der Schule Malen und Lackieren. "Er war streng, aber nett", zitiert der Spiegel einen Schüler des Berufsbildungszentrums. Der Lehrer habe auch mal einen "Quatsch" mitgemacht.

Als Beamte den Mann blutüberströmt im Treppenhaus eines Nebengebäudes des weitläufigen Schulkomplexes finden, lebt er noch, verstirbt nach Polizeiangaben jedoch nur Minuten später im Rahmen der Reanimationsmaßnahmen.

Nach seinen Worten war der Täter gegen 10 Uhr zunächst in das Nebengebäude eingedrungen. Dort lieferte sich der 23-Jährige nach den bisherigen Erkenntnissen einen Kampf mit seinem ehemaligen Lehrer. Anschließend stürmte er in das Hauptgebäude, wo er eine Brandfackel anzündete und seine Schreckschusspistole gegen weitere Lehrer einsetzte. Verletzt wurde dabei jedoch niemand.

Streifenpolizisten nahmen den jungen Mann schließlich widerstandslos fest. Die Beamten waren zu der Schule geeilt, nachdem durch die Brandfackel ein Feueralarm ausgelöst worden war.

Täter offenbar in Amok-Foren aktiv

Nach Informationen der Rhein-Zeitung soll sich der festgenommene 23-Jährige schon länger mit dem Thema Amoklauf beschäftigen - vor allem im Internet. Auf der Profilseite eines Sozialen Netzwerkes habe er als sein Todesdatum 2010 angegeben und zu seiner Person geschrieben: "Fragt mich oder das BKA!". Als Hobby soll der Waffennnarr "Schützensport & alles was mit Waffen zu tun hat" angegeben haben. Darüber hinaus soll er im Jahr 2007 ein achtminütiges Video hochgeladen haben, in dem er Fotos zu dem Amoklauf von Erfurt mit 17 Toten aus dem Jahr 2002 zusammengestellt hatte.

Die Ermittlungsbehören wollten die Informationen zunächst nicht bestätigen. Oberstaatsanwalt Lothar Liebig räumte jedoch im Spiegel ein, dass sich der junge Mann vor seinem Racheakt in einschlägigen Amok-Foren "bewegt haben könnte".

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warnte nach der Tat vor übertriebenen Reaktionen. "Nach einem derart dramatischen Vorfall wird wahrscheinlich wieder die Forderung erhoben, die Schulen durch strikte Eingangskontrollen noch sicherer zu machen. Aber wir können unsere Schulen nicht zu Hochsicherheitstrakten umbauen", sagte der Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion der Oldenburger Nordwest-Zeitung.

"Schüler und Lehrer wollen sich ja ganz bewusst nicht von ihrer Umgebung abschotten, sondern auch für außerschulische Veranstaltungen öffnen. Hundertprozentige Sicherheit wird es leider auch an unseren Schulen nicht geben können", betonte Bosbach. Wichtig sei, dass man auf die Abwehr solcher Gefahren gut vorbereitet sei, dass es funktionierende Alarmvorrichtungen und praxistaugliche Alarmpläne gebe. In Ludwigshafen habe man rasch und professionell reagiert.

Der Vorfall in Ludwigshafen weckt Erinnerungen an den Amoklauf von Winnenden in Baden-Württemberg am 11. März 2009: An diesem Tag hatte der 17-jährige Tim K. in seiner Schule und auf seiner anschließenden Flucht 15 Menschen erschossen, ehe er selbst von der Polizei getötet wurde.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan äußerte sich erschüttert. "Ich bin sehr betroffen, dass wenige Tage vor dem Jahrestag von Winnenden wieder eine Bluttat an einer Schule geschehen ist", erklärte die CDU-Politikerin. "Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen des Opfers, dem Lehrerkollegium und den Schülerinnen und Schülern, die in Angst und Schrecken versetzt worden sind."

Auch die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen zeigte sich in Ludwigshafen sichtlich geschockt. "Es ist einfach entsetzlich", sagte die SPD-Politikerin. Die Bildungsgewerkschaft GEW mahnte eine bessere Gewaltprävention an Schulen an.

Im Video: Am Tag nach der Bluttat an einer Berufsschule in Ludwigshafen soll der Tatverdächtige heute dem Haftrichter vorgeführt werden. Der 23-Jährige hatte gestern Morgen in seiner ehemaligen Schule einen Lehrer erstochen.

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