Süddeutsche Zeitung

Urteil:Glücksspielerin um Gewinn betrogen - Bewährung für Betreiber einer Lotto-Annahmestelle

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Es gibt Verbrechen, die menschlich nachvollziehbarer sind als andere. Was sie natürlich nicht weniger strafbar macht. Wie viele Fernsehkrimis beginnen damit, dass ein unglückseliger Mensch im Lotto gewinnt? Im besten Fall wird der Glücksspieler "nur" um seinen Geldsegen betrogen. Im schlechtesten Fall endet er mausetot als Angelegenheit für die TV-Kommissare. Eine Lottogewinnerin aus dem hessischen Egelsbach kam da vergleichsweise glimpflich davon.

Der Betreiber der Lotto-Annahmestelle, der der Frau ihren Gewinn von 477 777 Euro vorenthalten hatte, wurde jetzt vom Amtsgericht Darmstadt zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten Haft verurteilt. Außerdem muss der 65-Jährige eine Geldstrafe von 2400 Euro bezahlen. Das Urteil lautet auf schweren Betrug. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann der Geschädigten den Gewinn aus dem "Spiel 77" nicht vollständig ausgezahlt hatte, um über einen Mittelsmann selbst zu kassieren.

Als der Lottoschein eingelesen wurde, erschien auf dem Lotto-Terminal der Hinweis "Zentralgewinn". Der Angeklagte habe der Frau daraufhin mitgeteilt, dass sie 8000 Euro gewonnen habe und ihr die Summe bar ausgehändigt. Als die Geschädigte mit ihrem Gewinner-Schein an weiteren Ziehungen teilnehmen wollte, streikte das Terminal. Der Angeklagte habe eine geänderte Losnummer von Hand eingegeben und den namenlosen Gewinner-Lottoschein behalten. Der Frau fiel der Betrug erst später auf.

Die Staatsanwaltschaft hatte auf ein Jahr und acht Monate Haft auf Bewährung sowie 3600 Euro Geldauflage plädiert. Die Verteidigung forderte hingegen Freispruch. Der Angeklagte hatte erklärt, dass er zwar einen Fehler gemacht habe, die Spielerin aber nicht habe betrügen wollen. Der Verteidiger kündigte an, wahrscheinlich in Berufung zu gehen.

Die Lottogewinnerin dürfte das nicht mehr berühren: Sie hat ihre 477 777 Euro inzwischen vollständig erhalten.

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