London:Mutter warf Säugling zur Rettung aus dem Fenster

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Hilflos stehen Anwohner in der Nähe des brennenden Grenfell Tower. (Foto: AFP)

Augenzeugen des Hochhausbrandes in London berichten von dramatischen Szenen.

Die Bilder von vor Ort sind dramatisch. Sie zeigen, wie das komplette 24-stöckige Hochhaus in Flammen stand. Noch dramatischer ist, was Augenzeugen berichteten. Menschen seien aus dem brennenden Gebäude gesprungen oder versuchten, sich mit Bettlaken abzuseilen. Eltern hätten in ihrer Verzweiflung Kinder aus dem Fenster geworfen.

Mitten in der Nacht ist im Grenfell Tower, einem Hochhaus mit 120 Apartments im Westen Londons, ein Feuer ausgebrochen, das sich schnell über alle Stockwerke ausgebreitet hat. Die Feuerwehr hat sich mittlerweile durch alle 24 Stockwerke gekämpft. Es gibt mindestens zwölf Tote und 79 Verletzte. Die Ursache des Feuers ist noch nicht klar. Doch es soll schon in der Vergangenheit Beschwerden über unzureichenden Feuerschutz in dem Gebäude gegeben haben.

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Das Feuer war in der Nacht zum Mittwoch ausgebrochen. Die Löscharbeiten dauerten viele Stunden an.

Im Schlaf von den Flammen überrascht

Mehrere Bewohner des Hochhauses, die sich nach draußen retten konnten, gaben Medienberichten zufolge an, dass sie im Schlaf von den Flammen überrascht worden seien. Ein Mann, der im 17. Stockwerk des Hochhauses wohnt, sagte LBC Radio: "Es gab keinen Feueralarm in dem Gebäude, wir haben kein integriertes Feueralarmsystem." Eine andere Augenzeugin sagte BBC News, dass sich die Flammen sehr schnell ausgebreitet hätten. "Gegen Mitternacht war das Feuer nur im dritten Stock." Kurze Zeit später habe es sich über alle Stockwerke ausgebreitet. Ein anderer Augenzeuge berichtete Sky News, er sei mit seiner Familie aus der Wohnung im vierten Stock geflohen, als jemand an alle Türen auf der Etage geklopft habe.

In dem Apartmenthaus sollen viele Familien mit Kindern gelebt haben. Freunde und Familienmitglieder von Menschen im Inneren des Komplexes berichteten, sie könnten diese nicht erreichen. "Wir sahen Menschen, die schrien", sagte Nassima Boutrig, die gegenüber dem brennenden Gebäude lebt. Viele Menschen hätten nach Hilfe gerufen, doch die Einsatzkräfte hätten nur in den unten gelegenen Stockwerken helfen können. "Das Feuer war oben, oben, oben. Sie konnten das Feuer nicht stoppen."

Eine Augenzeugin sagte der britischen Nachrichtenagentur Press Association, dass eine Mutter ihren Säugling aus dem neunten oder zehnten Stock geworfen habe. Sie habe mit Gesten angedeutet, was sie vorhatte, daraufhin sei ein Mann in Richtung des Fensters gerannt und habe das Baby aufgefangen. Ein weiterer Augenzeuge sagte der Nachrichtenagentur, er habe gesehen, wie Eltern drei Kinder in etwa auf der Höhe des 15. Stocks aus dem Fenster geworfen hätten. "Sie waren jung, vielleicht zwischen vier und acht Jahren alt", sagte er. Er habe aber nicht sehen können, ob die Kinder von der Polizei oder der Feuerwehr aufgefangen worden seien.

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Der britische Schauspieler Tim Downie, der 600 Meter entfernt wohnt, sagte der Press Association, er befürchte, der Tower könne einstürzen. "Es ist entsetzlich. Das ganze Gebäude ist in Flammen gehüllt. Es ist verloren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bevor dieses Gebäude zusammenbricht."

George Clarke, der im britischen Fernsehen die Serie "Amazing Spaces" moderiert, sagte Radio 5 Live, dass er in Asche gehüllt gewesen sei, obwohl er 100 Meter vom Geschehen entfernt war. Er habe Menschen gesehen, die Taschenlampen aus den oberen Stockwerken geschwenkt hätten, um Hilfe zu bekommen. Rettungskräfte hätten einen "unglaublichen Job" gemacht, um die Leute aus dem Gebäude zu holen.

"Spring nicht, sie kommen gleich"

Auch Nachbarn berichten, wie sie mitten in der Nacht von dem Feuer geweckt wurden. "Mein erster Gedanke war, jemand feiert eine Party", sagt Line Sterring, dem Guardian. Die 23-jährige Dänin wohnt im Nachbargebäude des Grenfell Towers. Als sie aus dem Fenster geschaut habe, habe sie das Feuer bemerkt. Ihre Mitbewohnerin Isabel Afonso berichtet: "Einige Leute saßen in den Fenstern des Hochhauses und schrien 'Ich springe', andere riefen ihnen zu 'Spring nicht, sie kommen gleich'. Das war gegen 1.30 Uhr und ich konnte niemanden sehen, der gerettet wurde." Das Schlimmste sei gewesen, dass man sich beim Anblick der Menschen in Todesgefahr und -angst so hilflos gefühlt habe.

Für die Geretteten richtete die Polizei in der nahe gelegenen St.-Clemens-Kirche eine Erstunterkunft ein. Viele Menschen dort saßen in Rollstühlen, andere suchten nach Freunden oder Verwandten.

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