London:Immun heißt immun

FILE PHOTO: Harry Dunn's mother Charlotte Charles poses in front of a banner outside the Buckingham Palace

Harry Dunns Mutter hofft auf Gerechtigkeit - mehr kann sie nicht mehr tun.

(Foto: Dylan Martinez/Reuters)

Die Frau eines CIA-Mannes, die einen jungen Briten totfuhr, verweigert sich einem Verfahren. Nun hat ein Gericht die Immunität der US-Amerikanerin bestätigt.

Von Cathrin Kahlweit, London

Das Ringen um eine Aussage von Anne Sacoolas vor einem britischen Gericht währt nun schon ein halbes Jahr. Im Sommer 2019 hatte die Amerikanerin, Ehefrau eines in Großbritannien stationierten CIA-Mannes, einen jungen Briten totgefahren. Sie war in der Nähe eines Armeestützpunktes auf der falschen Straßenseite unterwegs gewesen; Harry Dunn, 19, starb wenig später. Anne Sacoolas verließ nach dem Unfall umgehend das Königreich und flog in die USA. Sie berief sich auf die diplomatische Immunität, die ihr als Gattin eines Regierungsangestellten zustehe und verweigerte auch danach jede Aussage sowie eine Rückkehr nach London, um sich dort einem Verfahren zu stellen. Das aber fordert Harry Dunns Familie, und das hält auch die britische Regierung für angemessen.

Am Donnerstag lehnten die USA jedoch einen Auslieferungsantrag aus London ab, der Mitte Januar gestellt worden war. Laut US-Außenminister Mike Pompeo, der die Entscheidung gegenüber den britischen Kollegen begründete, würde damit die Sinnhaftigkeit diplomatischer Immunität infrage gestellt. Sacoolas könne nicht gezwungen werden, in das Königreich zu fliegen. Der britische Außenminister, Dominic Raab, zeigte sich enttäuscht. In einer Erklärung am Freitag fand er überraschend starke Worte - wenn man bedenkt, dass die Briten nach dem Brexit ihre Verbindungen zu den USA ökonomisch und politisch weiter stärken wollen: "Wir betrachten diese Entscheidung als Verweigerung von Gerechtigkeit, und wir finden, Sacoolas muss in das Königreich zurückkehren."

Man sondiere nun, was weiter zu tun sei. Raab betonte, die britischen Behörden hätten sich mit Sicherheit anders benommen, wenn der Fall umgedreht gewesen wäre und es sich um eine britische Fahrerin und ein US-amerikanisches Opfer gehandelt hätte. Der Minister stellte infrage, ob es rechtens sei, dass Angehörige von Regierungsmitarbeitern, die auf der Air Base Croughton arbeiten, diplomatische Immunität genössen. In Croughton war der Mann von Anne Sacoolas beschäftigt.

Ein Sprecher der Familie zeigte sich empört über die Entscheidung der Amerikaner. Die Eltern des jungen Mannes hatten sich gleich nach dem tödlichen Unfall beschwert, dass man die Fahrerin habe ausreisen lassen, ohne dass sie von der Polizei befragt wurde. Per Crowdfunding hatten sie eine Reise nach Washington organisiert und waren tatsächlich von US-Präsident Donald Trump empfangen worden.

Der sprach ihnen sein Mitgefühl aus, bot aber nicht an zu intervenieren. Allerdings hatte er eine Überraschung für das Paar parat: Während des Gesprächs im Weißen Haus wartete Sacoolas im Nebenzimmer. Die Eltern von Dunn weigerten sich aber, sie zu sehen.

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