England:Blinder Passagier stürzt in Londoner Garten

Flugzeuge von Kenya Airways auf dem Flughafen in Nairobi

Maschinen der Kenya Airways am Jomo Kenyatta International Airport in Nairobi.

(Foto: Thomas Mukoya/Reuters)
  • Ein blinder Passagier ist aus einem Flugzeug direkt in einen Garten in London gestürzt. Sein gefrorener Körper schlug knapp neben einem Mann auf.
  • Der Tote hatte sich im Fahrwerk einer Maschine von Kenya Airways versteckt und war knapp 7000 Kilometer und neun Stunden lang mitgeflogen.
  • Nach Angaben von Augenzeugen soll der Körper des Mannes "ein Eisblock" gewesen sein.

Die Maschine der Fluggesellschaft Kenya Airways aus Nairobi befand sich am Sonntag im Anflug auf den Flughafen Heathrow. In fast neun Stunden hatte das Flugzeug gut 7000 Kilometer zurückgelegt, da fiel aus dem Fahrwerk ein zum Eisblock gefrorener Mensch in die Offerton Road, im südlichen Londoner Stadtteil Clapham. Die Offerton Road ist gesäumt von zweistöckigen, viktorianischen Altbauten. Zu den Bewohnern des an Gärten, Geschäften und Restaurants reichen Viertels gehörten und gehören der Schriftsteller Graham Greene und die Schauspielerin Vanessa Redgrave.

Am Sonntag um 15.39 Uhr ging der Notruf bei der Polizei ein. Der Mensch sei aus dem Nichts in einen Garten gefallen, berichtete eine aufgeregte Stimme, sein Körper sei nur einen Meter entfernt von einem in der Sonne badenden Nachbarn eingeschlagen. Der Schock ist groß, doch die Presseerklärungen klingen routiniert: Man arbeite in dem Fall "eng mit den zuständigen Behörden in Nairobi und London zusammen", heißt es bei Kenya Airways. Es gelte, die Identität des Mannes zu klären - und die Frage, wie er in die Maschine gelangt sei. Seine Tasche mit Wasser und Lebensmitteln sei in der Fahrwerksanlage des Flugzeugs gefunden worden, berichtet eine britische Nachrichtenagentur.

Blinde Passagiere im Fahrwerk

Nicht nur über das Meer, zu Fuß oder mit dem Bus, Auto oder Zug wagen Menschen aus ärmeren Ländern die Flucht. Immer wieder kommt es auch vor, dass sie eine ausweglose Reise als blinder Passagier im Gepäckraum oder im Fahrwerk eines Flugzeugs starten. Quetschungen, Minustemperaturen von 60 Grad und der Mangel an Sauerstoff kosten ihnen dann das Leben. Vor sieben Jahren schlug der Körper eines aus Mosambik stammenden Mannes auf einem Bürgersteig im Südwesten Londons auf. Er war aus Hunderten Metern aus einer British-Airways-Maschine gestürzt.

2015 dann landete eine Leiche aus einem im 13 000 Kilometer entfernten Johannesburg gestarteten Flugzeug auf einem Dach im Stadtteil Richmond. Wie später Recherchen des Guardian ergaben, soll es sich bei dem Toten um einen jungen Halbwaisen aus Mosambik gehandelt haben, der unter Bürgerkrieg und der psychischen Erkrankung seiner Mutter litt und geflohen war. Im Schacht des Fahrwerks fand man einen weiteren, 24 Jahre jungen Mann. Zumindest er hatte überlebt, vermutlich weil er ein Sauerstoffgerät dabei hatte.

Tragische Fälle

Die US-Luftfahrtbehörde FAA (Federal Aviation Administration) zählte zwischen 1947 und 2015 weltweit 101 Fälle mit 113 blinden Passagieren - lediglich jeder Vierte von ihnen überlebte. Entweder aus Glück, oder weil die Maschinen noch in geringerer Höhe unterwegs waren, wie im Jahr 1946, als ein Zwölfjähriger einen Flug von Kupang in Indonesien nach Darwin in Australien in einer niedrig fliegenden Douglas DC-3 überstand. Er gab an, in Australien heiraten zu wollen.

Schlagzeilen machte auch die fünfstündige Reise eines 15-jährigen von Kalifornien nach Hawaii im Radschacht einer Boeing 767 im Jahr 2014. Er war wegen eines Streits mit seinen Eltern ausgerissen - und hatte überlebt. Ein ebenso alter Junge aus Kamerun, der von Afrika nach Zürich unterwegs war, konnte im Herbst 1998 auf einem Feld in der Nähe von Lauchringen in Südbaden hingegen nur noch tot geborgen werden. Einen ähnlich tragischen Fall gab es im Jahr 2003 in einem Wald bei Hanau, in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens. Damals waren zwei Jogger zufällig auf den leblosen Körper eines 19 Jahre alten Russen gestoßen.

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