Londoner Gentlemen's Club:Frauen? Bloß nicht!

Londoner Gentlemen's Club: Die Herren wollen weiterhin ungestört spielen, so wie hier auf einem Bild aus dem Garrick Club, entstanden im Jahr 1869.

Die Herren wollen weiterhin ungestört spielen, so wie hier auf einem Bild aus dem Garrick Club, entstanden im Jahr 1869.

(Foto: imago)

Traditionell einseitig: Der Londoner Garrick Club hat abgestimmt, ob künftig auch Frauen aufgenommen werden sollen. Die Antwort fiel negativ aus.

Von Alexander Menden, London

Bei einem Besuch im Londoner East India Club stellte der Gast eines Mitglieds einst erstaunt fest, dass die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher im Obergeschoss einen Empfang gab. "Ich dachte, Frauen hätten hier keinen Zutritt", bemerkte er verwirrt. "Ach, du weißt doch, was sie über Thatcher sagen", antwortete sein Freund. "Sie war der beste Mann für den Job." Das war Mitte der Neunzigerjahre. An den Statuten des East India Club hat sich seitdem nichts geändert. Frauen, die nicht wie die Eiserne Lady zum Mann ehrenhalber ernannt werden, können nicht Mitglied des Privatklubs werden.

Seit dieser Woche ist klar, dass diese Regel bis auf Weiteres auch für einen anderen Londoner Club gelten wird: Eine Vollversammlung des Garrick Club hat in geheimer Abstimmung den Antrag abgeschmettert, weibliche Mitglieder aufzunehmen. Zwar unterstützten 50,5 Prozent den Vorschlag des ehemaligen Labour-Abgeordneten Bob Marshall-Andrews, die Mitgliedschaft nicht von "ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Glauben oder anderen Einschränkungen" abhängig zu machen. Für einen Statutenwechsel ist aber eine Zweidrittelmehrheit nötig.

"Weibliche Mitglieder würden die Atmosphäre des Clubs verändern"

Die Geschichte der Gentlemen's Clubs reicht weit zurück. Der angeblich älteste, White's, wurde 1693 gegründet. Die einzige Frau, die dort die Schwelle überschreiten darf, ist die Queen. Was als Debattier- und Trinkversammlungen begann, wurde bald formalisiert, im 18. und 19. Jahrhundert etablierten sich im Londoner Kernland um St. James's zahlreiche Klubs - Brooks's für die Liberalen, Boodle's für den Landadel, der Athenaeum Club für Wissenschaftler und Literaten, und dem Travellers Club durften nur Herren beitreten, die nachweisen konnten, dass sie sich mindestens 500 Meilen von London entfernt hatten. Die Klubs waren Orte, an denen man Netzwerke knüpfte und Machtpolitik betrieb. Zugleich aber gewährleisteten sie, dass man unter sich blieb, in zweierlei Hinsicht: Man kam nur hinein, wenn man dem Establishment angehörte - und Mann war.

Nur langsam haben sich einige dieser Rückzugsorte des Upper-Class-Patriarchats weiblichen Mitgliedern geöffnet. Der Reform Club vollzog diesen Schritt als erster, allerdings auch erst 1981. Der Athenaeum Club folgte 2002, der Carlton Club - der bis dahin nur Margaret Thatcher aufgenommen hatte - 2008. Diese Entscheidung war mindestens so sehr wirtschaftlichen Zwängen geschuldet wie der Einsicht, dass Männerklubs ein Anachronismus sind: Das Durchschnittsalter der Gentlemen steigt rapide, da ist man nicht mehr so wählerisch, solange die Bewerberinnen das Geld für den Mitgliedsbeitrag haben.

Der Garrick Club wurde 1831 gegründet, damit sich dort Schauspieler, die damals nicht als respektable Gesellschaft galten, mit Herren aus der Oberschicht treffen konnten. Bis heute ist er ein Treffpunkt für britische Film- und Theaterstars. Viele der namhaftesten, darunter Damian Lewis und Stephen Fry, stimmten am Montag dafür, Frauen künftig zuzulassen, und zeigten sich enttäuscht vom Ergebnis.

Furcht vor Veränderung

Ein Mitglied erklärte im Guardian anonym, er habe gegen den Antrag gestimmt, weil Männer sich ohne Frauen anders benähmen: "Man kann sagen, was man will und eine gute Diskussion in egalitärer Atmosphäre führen. Das ist mein Haupteinwand gegen weibliche Mitglieder - einige Männer würden der Versuchung nicht widerstehen können anzugeben, um die Frauen zu beeindrucken. Im Moment kann man ganz man selbst sein. Weibliche Mitglieder würden die Atmosphäre des Clubs verändern." Bevor man sich zum Dinner zurückzog, äußerten andere Mitglieder die Hoffnung, es sei noch nicht das letzte Wort in dieser Angelegenheit gewesen.

Wobei da noch diese Frage wäre: Welche Frau würde einem solchen Club überhaupt beitreten wollen?

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