Franz-Peter Tebartz-van Elst sieht aus wie ein großer Junge, mit dem schmalen Gesicht, den großen Augen, der schlaksigen Gestalt. Und wenn der Bischof von Limburg, der immerhin 53 Jahre alt ist, die Mitra aufsetzt, seinen Bischofshut, fragt man sich unwillkürlich: Darf der das schon?
Man kann mit ihm kontrovers, aber nicht unfreundlich über Ehe und Familie diskutieren, in der deutschen Bischofskonferenz ist er für das Thema zuständig. Dann verteidigt er zum Beispiel das Betreuungsgeld oder kritisiert, dass schwule und lesbische Lebenspartnerschaften rechtlich immer mehr der Ehe angeglichen würden. Man kann das alles anders sehen, doch das wäre kein Anlass, in Tebartz-van Elst den derzeit größten Schadensfall innerhalb des katholischen Deutschlands zu sehen, wie das nun viele Katholiken inner- und außerhalb des Bistums Limburg tun.
Am Sonntag erst haben mehr als 500 Kirchgänger nach dem Hochamt im Frankfurter Dom einen offenen Brief an den Bischof unterschrieben: Die Zukunft des Bistums sei "in hohem Maß gefährdet", heißt es da; die Leitung müsse "umgehend einen anderen Weg einschlagen", wenn sie die katholische Kirche "glaubhaft und glaubwürdig vertreten" wolle.
Verfahrene Lage
Anlass des Briefs ist, dass Stadtdekan Johannes zu Eltz sich vom Bischof durch Äußerungen in einer internen Konferenz zum Rücktritt gedrängt sieht. Der Bischof bestreitet das und wirft seinerseits dem Stadtdekan vor, der habe ihn in einem Interview mit dem Heute-Journal indirekt zum Rücktritt aufgefordert, als der dem Bischof Papst Benedikts Resignation als "vorbildliches Handeln in einer Krise" empfahl.
Die Lage ist jedenfalls ziemlich verfahren im Bistum, zu dem die Westerwälder Provinz genauso gehört wie die Großstadt Frankfurt. Es geht um ein Bischofshaus, das immer teurer wird, um einen Flug in Erste-Klasse-Sesseln nach Indien, um Aussagen, für die sich die Staatsanwaltschaft Hamburg interessiert. Im Grunde aber geht es vor allem darum, ob Tebartz-van Elst so redet, lebt und handelt, wie ein Bischof reden, leben und handeln sollte - gerade jetzt, wo Papst Franziskus im Vatikan jeden Dienstwagen misstrauisch beäugt.
Es ist auch die Geschichte einer Entfremdung zwischen Bistum und Bischof. 2007 war das Limburger Domkapitel noch überzeugt, in Tebartz-van Elst, dem Weihbischof von Münster, den richtigen Nachfolger für den langjährigen Bischof Franz Kamphaus gefunden zu haben. Kamphaus hatte im Priesterseminar zwei schlichte Zimmer bewohnt und war auch mal selber mit dem VW Golf zu Terminen gefahren.
Das Bistum hatte einen bescheidenen Gewissensmenschen an der Spitze, der manchen aber auch nervte mit dem Unwillen zu verwalten und Macht auszuüben. Der Neue nun hatte Verwaltungserfahrung und sich über "Gemeinde in mobiler Gesellschaft habilitiert". Dass schon die Leute in Münster die Wohnung des Weihbischofs das "Kronprinzenpalais" nannten, schien nicht ins Gewicht zu fallen.
Ob es der Stil des neuen Bischofs war, mit dem die Entfremdung begann? Auf einmal wurde der Gottesdienst im Dom mit Prunk und ziemlich viel Weihrauchdampf gefeiert, die Ministranten trugen weiße Handschuhe. Oder führten die Konflikte dazu, dass viele Leute in Limburg sich über den Pomp ärgerten? 2008 berief Tebartz-van Elst den Wetzlarer Stadtdekan ab, weil der an einem Segnungsgottesdienst für ein schwules Paar mitgewirkt hatte. Auch sonst profilierte sich der neue Limburger Bischof als Konservativer; gerade im liberalen Rhein-Main-Gebiet sahen das viele Katholiken mit Befremden.
Und immer mehr stieß der Neubau des Bischofshauses auf Kritik. Den hatte das Domkapitel bereits beschlossen, als Tebartz noch gar nicht in Limburg war, doch als klar war, dass die ursprünglich veranschlagten 5,5 Millionen Euro bei Weitem nicht für den Bau auf dem Gelände der alten Vikarie reichen würde, wurde bald des Bischofs Neigung zum Gediegenen dafür verantwortlich gemacht.
Unsinn, konterte das Bistum, man habe unvorhergesehen die alten Gebäude und die Stadtmauer sanieren müssen. Nähere Auskünfte über die Details und die Finanzierung blieb man jedoch schuldig. Mittlerweile ist das "Diözesane Zentrum" eingeweiht, die Einrichtung beschreiben Besucher als edel. Und die Kosten werden bei deutlich mehr als zehn Millionen Euro liegen.
So etwas passiert auch anderswo, hier aber passt es ins Bild vom prunkverliebten Bischof; die teuren Kois im Teich der Residenz sind da nur ein Detail. Im März 2012 schon klagten 22 Priester in einem Brief über den Lebens- und Leitungsstil ihres Bischofs und über die "Atmosphäre lähmender Furcht" im Bistum. Schon damals stand der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz an der Spitze der Autoren.
Als der Brief beim Bischof landete, war der schon wieder zurück aus Indien, wohin er im Januar 2012 geflogen war, gemeinsam mit Generalvikar Franz Josef Kaspar, um Projekte in den Armenvierteln zu besuchen. Die beiden nahmen nicht in der Business-Class Platz, sondern auf Erste-Klasse-Sitzen im Oberdeck des Jumbos - ein Bonusmeilen-Upgrade des Generalvikars samt einer Zuzahlung machten es möglich.
Ein Luxusflug zu den Armen? Das schien dem Spiegel eine Geschichte wert zu sein. Es war ein Business-Class-Flug, konterte das Bistum - und setzte eine Gegendarstellung durch. Inzwischen aber steht im Internet ein Film, in dem der Reporter dem Bischof vorhält: "Aber erster Klasse sind Sie geflogen." Tebartz-van Elst antwortet: "Business-Class sind wir geflogen." Nun prüft die Staatsanwaltschaft Hamburg, ob der Bischof eine strafbare falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben hat.
Tebarz-van Elst wird wohl nicht vor Gericht kommen. Der Schaden für den Mann, der einmal als Talent seiner Kirche galt, ist aber kaum zu reparieren. Das Bistum Limburg hat auf die Kritik reagiert - und ihre vier Abos der FAZ gekündigt, die kritisch über den Bischof berichtet hat. Das Blatt werde nun "bei Bedarf im Einzelhandel bezogen", hieß es.