Limburg:Neun Jahre Haft für Lkw-Attacke

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Bei dem Unfall im Oktober 2019 wurden 18 Menschen verletzt. (Foto: Stringer/Reuters)

Etwa ein Jahr nach dem absichtlich verursachten Unfall mit 18 Verletzten wird der Fahrer verurteilt - die Haftstrafe fällt strenger aus, als von der Staatsanwaltschaft gefordert.

Wegen eines absichtlich verursachten Lastwagen-Unfalls mit 18 Verletzten hat das Limburger Landgericht am Freitag einen 33-Jährigen zu neun Jahren Haft verurteilt. Die Tat sei als versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung zu werten, sagte der Vorsitzende Richter.

Der Staatsanwalt hatte wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung eine Strafe von eigentlich nur sechs Jahren und zehn Monaten gefordert. Der Verteidiger plädierte sogar auf nur zwei Jahre wegen Körperverletzung.

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Eine Woche nachdem ein gekaperter Lastwagen in mehrere Autos gefahren ist, suchen die Ermittler noch immer nach dem Motiv des Mannes - doch islamistischen Terror schließen sie nun aus.

Der heute 33 Jahre alte Mann hatte laut Anklage am 7. Oktober 2019 zunächst einen Lkw-Fahrer aus dessen Gefährt gezogen und sich dann selbst hinters Steuer gesetzt. Kurz darauf soll er an einer Kreuzung mit rund Tempo 40 absichtlich gegen vor ihm stehende Wagen gefahren sein, die vor einer Ampel warteten. Zehn Fahrzeuge wurden aufeinander geschoben, 18 Menschen erlitten Verletzungen.

Angeklagter beruft sich auf Erinnerungslücken

Der Mann wurde noch am Tatort festgenommen, er ist seitdem in Untersuchungshaft. Der Urteilsspruch gegen ihn hatte sich unter anderem wegen der Corona-Quarantäne eines Schöffen verzögert. Im September äußerte der Angeklagte sich vor Gericht schließlich selbst und bat um "auf das Äußerste" um Entschuldigung. Er verwies auf Erinnerungslücken.

Er habe kurz vor der Tat einen Joint geraucht, das Marihuana sei "ungewöhnlich stark" gewesen, so der nach eigenen Angaben drogenabhängige Mann, der 2015 aus Syrien nach Deutschland geflüchtet ist. Wegen einer Körperverletzung in Frankfurt wurde er bereits im Jahr 2016 zu einer Geldstrafe verurteilt.

Er sei am Tag des Unfalls zunächst bei Familienangehörigen in Limburg gewesen und habe dort einen Joint geraucht, sagte der Mann aus. Später habe er im desolaten Zustand beim Abspülen geholfen, sein Cousin habe ihn dabei versehentlich mit einem großen Küchenmesser berührt. Er habe enorme Angst bekommen - Erinnerungen an schreckliche Erlebnisse aus dem Krieg in Syrien mit einem Messer seien hochgekommen.

Daher sei er auf die Straße geflüchtet und habe dort nur die Lichter der Autos gesehen. Auf die hellsten Lichter sei er zugelaufen, es seien wohl diejenigen des kurz darauf von ihm gekaperten Lkw gewesen. An das weitere Geschehen habe er keine Erinnerung.

Am ersten Prozesstag hatten Zeugen berichtet, der Angeklagte habe kurz nach der Tat verwirrt und erschüttert gewirkt. Er sei immer wieder "Allah" rufend auf der Straße herumgelaufen und habe eine Frau, die ihm habe helfen wollen, angegriffen. Vor einer weiteren Frau sei er niedergekniet, habe sich an deren Kleidung festgehalten und gebetet. Seine Augen seien glasig gewesen, anscheinend habe er sich in einem Schockzustand befunden.

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