Süddeutsche Zeitung

Leihmutterschaft:Deutsche Familie kämpft in Indien um ihre Kinder

"Sollen wir die Kinder zurücklassen?" Ein Ehepaar aus Bayern darf seit Jahren mit seinen Zwillingen nicht aus Indien ausreisen - weil sie eine Leihmutter zur Welt brachte.

Drama um eine deutsche Familie in Indien: Ein Ehepaar aus Bayern wartet seit mehr als zwei Jahren darauf, mit seinen Zwillingen, die eine indische Leihmutter zur Welt brachte, nach Deutschland ausreisen zu dürfen.

Das ARD-Hörfunkstudio Südasien berichtete, die deutschen Behörden würden den Kindern keinen Reisepass ausstellen, weil Leihmutterschaften nach deutschem Recht verboten sind.

Die Behörden in Indien - wo Leihmutterschaft legal ist - hielten die Kinder wegen der deutschen Eltern für Bundesbürger. Sie verweigerten den Zwillingen daher indische Reisedokumente. Dem Vater, der seit der Geburt bei den Kindern ausharre, drohe nach Ablauf seines Visums die Ausweisung aus Indien - ohne die Zwillinge.

Der Vater, der anonym bleiben und seinen Herkunftsort nicht nennen wollte, sagte der ARD, er habe die Gesetzeslage damals so interpretiert, dass Leihmutterschaft in Deutschland verboten sei. Seine Kinder seien aber im Ausland zur Welt gekommen. "Wir haben eine Woche nach Geburt der Kinder mit der (deutschen) Botschaft telefoniert und denen gesagt, dass es eine Leihmutterschaft ist." Die Botschaft habe daraufhin mitgeteilt, dass man die Familie nicht unterstützen könne. "So saßen wir dann allein in einem fremden Land fest."

Das Auswärtige Amt weist auf seiner Homepage ausdrücklich darauf hin, dass Kinder von Leihmüttern im Ausland mit deutschen "Wunscheltern" keine deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erwerben. "Mutter eines Kindes ist vielmehr die Frau, die es geboren hat, also die Leihmutter und nicht die 'Wunschmutter'", heißt es dort. "Dementsprechend können deutsche Stellen die Mutterschaft einer "Wunschmutter" auch dann nicht anerkennen, wenn eine ausländische Geburtsurkunde sie als vorgebliche 'Mutter' ausweist."

Der Deutsche Botschafter in Neu Delhi, Thomas Matussek, wollte zum Einzelfall nicht Stellung nehmen. Zur Leihmutterschaft generell sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa, in der Bundesrepublik sei sie verboten, "weil sie mit unseren Vorstellungen von Menschenwürde, wie sie im Grundgesetz verankert ist, nicht zu vereinbaren ist". Es gebe Fälle, "wo eine ganz tragische Situation dadurch entstanden ist, dass sich jemand über das Verbot hinweggesetzt hat und nun sind diese armen kleinen Kinder in der Welt".

Wenn das in Deutschland geschehe, müsse sich aufgrund seiner Fürsorgepflicht der deutsche Staat darum kümmern, sagte Matussek. Im Ausland dagegen könne der deutsche Staat nicht direkt eingreifen. "In der Tat ist es so, dass wenn - ohne ihr Verschulden - nun zwei kleine Inder in die Welt gesetzt sind, dann kann ich die nicht qua deutscher Staat automatisch zu Deutschen machen. Das ist vom Gesetz her verboten." Theoretisch könnten die Eltern in solchen Fällen versuchen, die Kinder zu adoptieren. Die Zwillinge sind jedoch derzeit staatenlos.

"Was sollten wir denn machen?"

Die ARD berichtete weiter, der Vater der Kinder kämpfe vor deutschen und indischen Gerichten darum, seine Kinder mit nach Bayern nehmen zu dürfen. Er sei verzweifelt. "Was sollten wir denn machen?", fragt der 47-Jährige. "Die Kinder zurücklassen?" Das sei nach der Geburt nicht infrage gekommen. "Wenn man die kleinen Würmer sieht, dann entsteht sofort die Bindung und man spürt die Verantwortung. Ich weiß nicht, wer dann in der Lage wäre zu sagen: Ich ziehe mein behagliches Leben in Deutschland vor und gebe die Kinder weg, weil ich mit der Situation nicht zurecht komme."

Der studierte Kunsthistoriker habe Indien seit der Geburt der Kinder nicht verlassen, berichtet das ARD-Hörfunkstudio Südasien weiter. Seine Frau sei mittlerweile zurückgekehrt nach Bayern, um Geld für die Familie zu verdienen. Das Indien-Visum des Vaters laufe aber bald aus. Sollten die indischen Behörden seine Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängern, müsse er ohne seine Kinder das Land verlassen.

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