Leihmütter:Befruchtungsflatrate und Ratenzahlung

Leihmütter in Indien

Eine schwangere Inderin liegt in einer Fruchtbarkeitsklinik, der Lohn für die Leihmutterschaft fließt in die Ausbildung ihres Sohnes.

(Foto: Doreen Fiedler/dpa)

Der Fall des zurückgelassenen behinderten Babys Gammy hat weltweit neue Debatten um das Geschäft mit der Leihmutterschaft entfacht. Gesetzlich wird diese von Land zu Land anders geregelt, mancherorts bringt sie Millionengewinne. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Anna Günther

Ein blondes Baby in den Armen einer Thailänderin, die den Jungen ausgetragen und geboren hat. Seine Gene aber stammen von australischen Eltern. Der Fall des kleinen Gammy lässt die Diskussionen über Leihmutterschaft derzeit wieder hochkochen. Das Thema wird von Land zu Land unterschiedlich geregelt, das Austragen von fremden Embryonen ist ein Milliardengeschäft. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Wie ist die rechtliche Situation in Deutschland?

"Leihmutterschaftsverträge", in denen sich eine Frau bereit erklärt, sich einer künstlichen oder natürlichen Befruchtung zu unterziehen oder einen nicht von ihr stammenden Embryo auf sich übertragen zu lassen, sind in Deutschland sittenwidrig und damit verboten. Die Mutterschaft der Frau, die das Kind geboren hat, kann weder angefochten, noch kann über diese Mutterschaft durch Vertrag disponiert werden. Ärztliche Handlungen mit Leihmüttern gelten laut Embryonenschutzgesetz als Straftaten und werden mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren geahndet. Die Vermittlung von Leihmüttern ist verboten.

Was passiert, wenn ein Paar mit einem Kind von einer Leihmutter nach Deutschland einreisen will?

Ein deutsches Paar kämpfte zwei Jahre lang darum, seine von einer Leihmutter in Indien geborenen Zwillinge nach Deutschland zu bringen. Mutter eines Kindes ist nach deutschem Recht die Frau, die es geboren hat, also die Leihmutter, eine Ausreise des Kindes mit den Auftraggebern ist somit nicht möglich. Schließlich gaben die Behörden in diesem Fall aus humanitären Gründen nach, das Ehepaar konnte die Kinder in Deutschland adoptieren. Eine ausländische Geburtsurkunde, in denen die "Wunschmutter" als rechtliche Mutter eingetragen ist, wird in Deutschland nicht übernommen. Das Kind einer Leihmutter hat somit keinen Anspruch auf die deutsche Staatsangehörigkeit und einen deutschen Reisepass. Der "Wunschvater" könnte unter bestimmten Voraussetzungen durch eine Vaterschaftsanerkennung seine rechtliche Vaterschaft herstellen. Damit bekäme das Baby die Staatsangehörigkeit des Vaters. Aber das Kind einer verheirateten Leihmutter ist nach deutschem Recht das Kind von ihr und ihrem Ehemann.

Wo ist Leihmutterschaft in Europa erlaubt?

Es gibt unterschiedliche Regelungen: Grundsätzlich verboten ist Leihmutterschaft in Deutschland, Bulgarien, Frankreich, Italien, Malta, Portugal und Spanien. Keine gesetzliche Regelung und so auch kein Verbot gibt es in der Tschechischen Republik, Estland, Österreich, Polen, Litauen, Luxemburg, Rumänien, Slowenien, der Slowakei und Zypern. In anderen EU-Ländern ist zwar kommerzielle Leihmutterschaft verboten, altruistisches Austragen von Embryonen für Freunde oder die Familie ist in Belgien, Dänemark, Griechenland, Ungarn, Irland, Lettland, den Niederlanden und Großbritannien aber erlaubt.

Wo die größten Märkte für Leihmutterschaft sind

Wo ist der größte Markt?

Die größten Märkte für Leihmutterschaft sind Indien, die Ukraine, Russland, Thailand und die USA. Allein in Indien werden pro Jahr etwa 2,3 Milliarden US-Dollar umgesetzt.

Was kostet eine Leihmutterschaft?

Je nach Land und Betreuungsprogramm kostet das Austragen eines fremden Embryos zwischen 25 000 US Dollar in Indien, 30 000 Euro in der Ukraine und 45 000 bis 100 000 US-Dollar in den Vereinigten Staaten. Das All-inclusive-Paket beinhaltet in der Regel sämtliche medizinischen Untersuchungen und Medikamente der Leihmutter, außerdem Hilfe bei Behördengängen, Ratenzahlung und Betreuung der Wunscheltern vor Ort. Amerikanische Agenturen bieten teilweise sogar eine Befruchtungsflatrate und Rabatt für den zweiten Versuch an, falls die Eizelle sich nicht beim ersten Mal einnistet.

Wer verdient wie viel daran?

Einen Großteil des Geldes bekommt in der Regel die Fruchtbarkeitsklinik. Wie viel die Leihmutter erhält, ist je nach Land und Vertrag unterschiedlich. In Indien behalten die Fruchtbarkeitskliniken den größten Teil des Betrages ein, den Frauen bleiben oft nur zwischen 150 000 und 400 000 Rupien (1840 bis 4900 Euro).

Welche möglichen Folgen hat die Leihmutterschaft für die Frau, die sich dafür zur Verfügung stellt?

Dass Leihmutterschaft psychische Folgen haben kann, ist unbestritten, der Umgang damit variiert allerdings stark. In Indien übernehmen oft Frauenärzte die seelische Nachbehandlung, Psychologen werden nicht hinzugezogen. Die Methode gilt als nicht besonders hilfreich, zumal die Frauen schon während der Schwangerschaft in der Klinik von ihren Familien abgeschottet werden. In Indien sind zwei Arten der Leihmutterschaft üblich: Frauen dürfen sich einige Wochen um das Kind kümmern, dann erst nehmen die Wunscheltern das Baby mit. Im zweiten Fall wird das Kind direkt nach der Geburt von der Leihmutter getrennt. Späterer Kontakt ist anders als in Kanada oder den USA nicht möglich.

Was passiert, wenn die Leihmutter das Kind nach der Geburt nicht hergeben will?

Nach deutschem Recht ist die Gebärende die Mutter des Kindes, der man das Baby nicht wegnehmen darf.

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