Lebensmittelskandal:EU wusste offenbar schon Anfang Juli von belasteten Eiern

Fipronil-Krise

Mit Fipronil belastete Eier sind in Belgien, Deutschland und den Niederlanden aufgetaucht.

(Foto: Kristof Van Accom/dpa)
  • Das illegal als Reinigungsmittel eingesetzte Gift Fipronil hatte Millionen Hühnereier verunreinigt, die aus den Niederlanden in europaweit in den Handel gelangten.
  • Belgien erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Niederlande: Dort seien schon im November 2016 Hinweise auf den illegalen Einsatz des Mittels eingegangen.
  • Unterdessen wird klar, dass die EU offenbar schon Anfang Juli Kenntnis über möglicherweise belastete Eier hatte - und nicht einschritt.

Die EU-Kommission hatte offenbar schon früher als behauptet Kenntnis davon, dass fipronilbelastete Eier aus den Niederlanden ein Gesundheitsrisiko darstellen könnten.

Belgien hatte laut einem Bericht der belgischen Lebensmittelsicherheitsbehörde FASNK am 6. Juli über eine EU-Plattform eine Anfrage an die Niederlande gestellt, in der es Informationen zur Verbreitung des Insektengifts im Lebensmittelsektor forderte. "Diese Nachricht wird auch von den europäischen Instanzen gelesen, die das System betreiben", heißt es der Nachrichtenagentur dpa zufolge in dem FASNK-Bericht - der Betreiber der Plattform ist die EU-Kommission, die demzufolge von dem Vorgang gewusst haben muss - aber nicht einschritt. Noch am Dienstag teilte die EU-Kommission mit, sie habe erst am 20. Juli von den belasteten Eiern erfahren.

Ein Sprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa, es habe sich bei der Anfrage um einen bilateralen Austausch Belgiens und der Niederlande gehandelt: "Die Kommission überwacht den Austausch im Administrativen Unterstützungs- und Kooperationssystem nicht aktiv, wie es beim Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel der Fall ist."

Belgische Behörden warteten wochenlang auf Informationen

Den Behörden in den Niederlanden ihrerseits war offenbar schon seit Ende November 2016 bekannt, dass Hühnereier möglicherweise belastet sein könnten. Das gehe aus offiziellen Dokumenten hervor, sagte der belgische Landwirtschaftsminister Denis Ducarme an diesem Mittwoch.

Trotzdem haben die Niederlande den Fall, der seinen Ursprung wohl in Belgien hat, nicht den dortigen Behörden gemeldet. Minister Ducarme erhebt deswegen schwere Vorwürfe gegen die Niederlande: Die belgische Lebensmittelsicherheitsbehörde habe von einem internen niederländischen Bericht nur über gute Kontakte in die Niederlande erfahren. "Es gab über diesen Bericht keinerlei offizielle Kommunikation der Niederlande", sagte Ducarme.

Außerdem hätten die belgischen Behörden mehr als einen Monat auf Informationen der niederländischen Kollegen warten müssen, die erlaubt hätten, die Verbreitung fipronilbelasteter Eier nachzuvollziehen und Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Niederlande weisen die Vorwürfe zurück

Die niederländische Behörde für Lebensmittelsicherheit (NVWA) weist die Vorwürfe zurück. Es habe zwar im November einen anonymen Hinweis an die Behörde gegeben, jedoch habe man damals noch nicht absehen können, dass es ein akutes Risiko für die Lebensmittelsicherheit geben könnte, heißt es in einer Erklärung des Chefs der Behörde Rob van Lint.

Belgien hatte am 20. Juli gemeldet, das gesundheitsgefährdende Fipronil sei in Eiern festgestellt worden. Allerding wusste man dort in den Behörden auch schon früher Bescheid, nämlich seit Anfang Juni.

Millionen kontaminierte Eier sind nach Deutschland gelangt

Man habe die Informationen jedoch zunächst nicht an die Öffentlichkeit, sondern lediglich an die Staatsanwaltschaft gegeben, hatte eine Sprecherin der belgischen Behörde für Lebensmittelsicherheit erklärt. Dass die Verbraucher nicht früher informiert worden seien, stehe in Einklang mit europäischen Regeln, denn die Höchstwerte von Fipronil seien in Belgien nicht erreicht worden.

Seitdem sind Dutzende Hühnerhöfe in Belgien und den Niederlanden kontrolliert worden, um zu prüfen, ob das gegen Zecken und Flöhe eingesetzte Insektengift in die Eier geraten ist. Fipronil darf bei Nutztieren wie Hühnern nicht eingesetzt werden.

Mindestens zehn Millionen kontaminierte Eier aus den Niederlanden wurden nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums nach Deutschland geliefert. Sie sind in allen Bundesländern in den Handel gelangt.

Beim Menschen kann das Mittel in höheren Dosen Übelkeit und Erbrechen auslösen. Bei dem höchsten in Belgien gemessenen Wert von Fipronil in Eiern sei eine gesundheitliche Gefahr für Kinder möglich, hieß es von Seiten des Bundesinstituts für Risikobewertung - hierzulande aber sei eine akute gesundheitliche Gefährdung derzeit praktisch ausgeschlossen, da alle bisher festgestellten Werte niedrig genug lägen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: