Landgericht Paderborn:Zeugin: Behörden in Höxter wussten von "Horrorhaus"

Lesezeit: 2 min

Jahrelang sollen Angelika und Wilfried W. Frauen in ihr Haus in Höxter-Bosseborn gelockt und brutal misshandelt haben. (Foto: dpa)
  • Eine Schiedsfrau hat ausgesagt, dass das Ordnungsamt von Höxter über die Vorkommnisse im "Horrorhaus" Bescheid wusste.
  • Die Angeklagte Angelika W. hatte der Frau einen Brief geschrieben und darin die Misshandlungen detailliert beschrieben.
  • Angelika und Wilfried W. sollen Frauen in ihr Haus gelockt und misshandelt haben. Sie stehen wegen gemeinschaftlichen Mordes durch Unterlassen vor Gericht.

Jahrelang sollen Angelika und Wilfried W. Frauen in ihr Haus in Höxter gelockt und brutal misshandelt haben. Zwei Opfer starben an den Folgen der Quälereien. Vor dem Landgericht Paderborn muss sich das Paar seit vergangenem Oktober wegen gemeinschaftlichen Mordes durch Unterlassen verantworten. An mehreren Prozesstagen haben die beiden Angeklagten bereits ausgesagt - und sich dabei gegenseitig beschuldigt, die Gewalttaten forciert zu haben.

Nun hat eine Zeugin im Prozess ausgesagt, dass das Ordnungsamt von Höxter über Probleme in dem "Horrorhaus" informiert war. Sie selbst habe die Behörde im April 2016 angerufen und um eine Einschätzung zur Lage im Haus gebeten.

Die Angeklagte Angelika W. hatte sich telefonisch und dann schriftlich an sie gewendet, berichtete die Zeugin, die als Schiedsfrau für einen Nachbarort von Höxter-Bosseborn zuständig war. Angelika W. schilderte in ihrem Brief an die Schiedsfrau, der im Gericht in Auszügen vorgelesen wurde, detailliert Körperverletzungen und sexuelle Misshandlungen. "Jeder hat Prellungen, Schürfungen und ausgerissene Haare zu beklagen", heißt es in dem Schreiben.

Das Ordnungsamt habe ihr erklärt, Angelika W. müsse sich an den für Bosseborn zuständigen Schiedsmann wenden, sagte die Zeugin aus. "Man kann sich den Schiedsmann nicht aussuchen", habe man ihr gesagt.

"Ich habe mich alleingelassen gefühlt"

Die Angeklagte habe sich aber nicht an den Bosseborner Schiedsmann wenden wollen, weil sie früher schon Probleme mit ihm gehabt habe, sagte die Zeugin weiter aus. "Ich habe mich alleingelassen gefühlt", so die 54-Jährige. Heute werfe sie sich vor, nicht die Polizei gerufen zu haben.

Eine Schiedsfrau oder -mann wird vom Gemeinderat für fünf Jahre gewählt. Er oder sie muss in bestimmten Fällen angerufen werden, bevor man sich an das Gericht wenden kann. Das gilt vor allem für Privatklagesachen, bei denen die Staatsanwaltschaft Anklage nur bei einem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung erhebt, wie zum Beispiel bei Hausfriedensbruch, Beleidigung, leichter Körperverletzung und fahrlässiger Körperverletzung oder Bedrohung. Durch die Schiedsämter soll versucht werden, Streit einvernehmlich beizulegen.

Die Ermittlungen zu den Verbrechen in Höxter waren am 22. April 2016 nach dem Tod eines Opfers ins Rollen gekommen - offenbar wenige Tage, nachdem die Schiedsfrau das Ordnungsamt informiert hatte.

"Er hat sie gehalten wie einen Sklaven"

Im Prozess sagten am Dienstag außerdem zwei Frauen aus, die eine Zeit lang eine Beziehung mit Wilfried W. unterhielten. Die eine hatte 2011 für eine Woche in Bosseborn gelebt, bevor sie wieder ausgezogen war. "Gewalt oder Schläge habe ich von Wilfried W. nie bekommen", erklärte sie. Der Angeklagte habe sie allerdings sexuell bedrängt. "Ich wäre nie dageblieben", sagte die Zeugin. Wilfried W. sei im Verhältnis zu Angelika W. der dominante Part gewesen. "Er hat sie gehalten wie einen Sklaven."

Die zweite Frau wurde von Wilfried W. mehrmals besucht, und stand mit dem Paar für eine Zeit telefonisch in sehr engem Kontakt. Die Frau sagte aus, dass sie sich stündlich melden sollte - so stellten die beiden eine engmaschige Kontrolle sicher. "Ich war psychisch so am Ende", erzählte sie. Auch versuchten die beiden den Kontakt zu ihrem Sohn zu unterbinden.

© SZ.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Höxter-Prozess
:Zeugin über Wilfried W.: "Er mochte keine Widerworte"

Im Höxter-Prozess hat eine ehemalige Partnerin des Angeklagten ausgesagt. Sie beschreibt ihn als nett, den Sex als schön. Doch sein Kommunikationsverhalten sei seltsam gewesen.

Von Hans Holzhaider

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: