Serie „Ein Anruf bei …“:„Wenn man seltener lacht, dann bekommt man eine E-Mail“

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Der Chief LOL Officer sieht aus wie eine Bluetoothbox, registriert aber, wie oft in einem Raum gelacht wird – und ob die Lacher echt sind. (Foto: Baloise)

Ein Schweizer Unternehmen hat einen Lachdetektor erfunden, der misst, wie oft im Büro laut gelacht wird. Ist das zu selten, dann greift er ein.

Interview von Veronika Wulf

In einem kleinen Schweizer Unternehmen wird für die kommenden vier Wochen ein besonderes Gerät im Büro stehen: Es sieht aus wie eine Bluetoothbox, ist aber ein Lachdetektor. Alexandra Toscanelli von der Versicherungsfirma Baloise aus Basel hat den sogenannten Chief LOL Officer mitentwickelt.

SZ: Frau Toscanelli, Sie haben den Chief LOL Officer erfunden, damit Leute im Büro mehr zu lachen haben. Das ist ein Witz, oder?

Alexandra Toscanelli: Zum Glück nicht, aber ich bin froh, wenn es zum Schmunzeln anregt. Das Gerät soll auch zum Lachen anregen, aber vor allem schauen wir, wie viel überhaupt gelacht wird. Und wenn das zu wenig ist, dann motivieren wir die Mitarbeitenden dazu, ein bisschen mehr zu lachen, hoffentlich.

Wie funktioniert der Lachdetektor?

Das ist ein kleines Gerät mit einem Mikrofon drin, das mit einer KI die Töne misst, die zu hören sind. Wenn jemand lacht, dann erkennt die KI: true. Wenn es andere Geräusche oder Gespräche sind, dann merkt sie: false. Die Anzahl der Lacher wird aufgezeichnet und analysiert. Eine erwachsene Person lacht im Durchschnitt etwa 15 Mal am Tag, deshalb haben wir gesagt, vier Lacher in zwei Stunden sollten möglich sein, alles darunter ist zu wenig.

Alexandra Toscanelli, Marketing-Managerin bei der Schweizer Finanz- und Versicherungsfirma Baloise, hat den Lachdetektor mit entwickelt. (Foto: Baloise)

Bei einem solchen Lachzwang dürfte dem ein oder anderen Miesepeter das Lachen vergehen.

Wenn man seltener lacht, etwa weil man gestresst ist, dann bekommt man per E-Mail eine Aufmunterung geschickt, damit man das Lachen wieder aufholen kann.

Was steht in so einer E-Mail?

Ein Meme, ein Video einer kleinen Katze, die vom Tisch fällt und sich überpurzelt, oder von jemandem, der aus Versehen mit dem Trottinett (ein Tretroller, Anm. d. Redaktion) einen lustigen Stunt macht.

Witzig.

Katzenvideos passen natürlich nicht für jeden, aber es ist alles Mögliche dabei. Eine Social-Media-Agentur hat für uns das Beste aus dem Internet zusammengesucht.

Erkennt das Gerät, ob ein Lacher echt ist?

Ja, wir haben die KI zusammen mit Spatial Interaction Designern mit echten Lachern trainiert. Gestern haben wir das Gerät in der Test-Firma aufgestellt, wir haben gehustet und künstlich gelacht, um die KI auszutricksen, aber sie hat funktioniert.

Da saßen erwachsene Menschen um einen Tisch und haben in ein Gerät reingelacht?

Ja, und vorher wurden verschiedene echte Lacher abgespielt. Aber selbst wenn jemand ein Lachen faken würde, das Gute ist ja: Sogar Fake-Lachen hilft der mentalen Gesundheit. Das Serotonin wird trotzdem ausgeschüttet, sobald die Lachmuskeln aktiviert sind.

Kann der Detektor auch erkennen, wenn jemand ausgelacht wird?

Bis jetzt noch nicht, aber wir sind guten Mutes, dass die Inhaber der Unternehmen so etwas auch ohne Detektor merken würden.

Der Apparat wird in einer Firma mit zehn Mitarbeitern getestet. Was, wenn die am Ende nur noch lachen, statt zu arbeiten?

Ich glaube, das fände der Inhaber super, denn man kann sich ohnehin nicht achteinhalb Stunden lang konzentrieren. Je natürlicher die Arbeitsumgebung, umso effizienter ist man. Lachen steigert die Kreativität, stärkt das Gemeinschaftsgefühl, und Serotonin wird ausgeschüttet.

Sie arbeiten für einen Versicherungsdienstleister. Klingt ein bisschen, als gäb’s dort nicht so viel zu lachen. Kamen Sie deshalb auf die Idee mit der Lachmaschine?

Eine unserer Zielgruppen sind kleine und mittlere Unternehmen, dort sind Arbeitsausfälle und mentale Gesundheit ein wichtiges Thema, auch weil sie die Firmen viel Geld kosten. Über psychische Probleme wird immer noch viel weniger gesprochen als über ein gebrochenes Bein. Darauf wollen wir aufmerksam machen, aber eben nicht auf eine trockene, langweilige Versicherungsweise. Lachen wird auch in der Therapie genutzt. Aber wichtig ist: Lachen ist nicht die Lösung für alles. Man muss auch Ansprechpartner, Hotlines und Hilfestellen nennen.

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