Berlin:Rasermeile Kurfürstendamm

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Rasen um des Rasens willen: Das Wrack des Unfallwagens auf der Tauentzienstraße. (Foto: dpa)

Zwei Menschen sterben, weil ein Autofahrer bei hohem Tempo die Kontrolle verliert. Es ist nicht der erste folgenschwere Crash auf der Berliner Prachtstraße. Doch die Senatsverwaltung für Verkehr sieht keinen Handlungsbedarf.

Von Verena Mayer, Berlin

Der Berliner Kurfürstendamm ist bekannt für seine Luxusläden, Restaurants, Kinos und Theater. Doch seit einigen Jahren verbindet man die Prachtstraße im Westen der Stadt auch mit einer anderen Art von Nachtleben. Wer Spaß daran hat, mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Innenstadt zu brettern oder sich mit anderen ein Straßenrennen zu liefern, tut das nicht selten hier. Der Kurfürstendamm ist zu einem Hotspot für Autoraser geworden.

Vergangene Woche endete eine solche Fahrt mit einem schweren Unfall. Da raste ein 27-Jähriger in einem weißen BMW über die Tauentzienstraße, die in den Kurfürstendamm mündet, verlor an einer Baustelle die Kontrolle und krachte in eine Absperrung auf der Mittelinsel. Das Auto mit den vier Insassen geriet in Brand, eine 18-Jährige starb noch an der Unfallstelle, der Fahrer kurz darauf im Krankenhaus.

Noch ist nicht klar, wie schnell der BMW unterwegs war und wie sich der Unfall genau abspielte. Die Berliner Polizei ermittelt wegen eines sogenannten Solorennens, also Rasens um des Rasens willen. Dies ist seit der Einführung des Raserparagrafen im Jahr 2017 ebenso strafbar wie illegale Straßenrennen mehrerer Teilnehmer.

Fest steht, dass dies nicht der erste Crash dieser Art auf dem Kurfürstendamm ist. 2020 raste ein 29-Jähriger mit 132 Kilometern pro Stunde über die Straße und rammte den Kleinwagen einer Frau. Er habe, so sagte er später im Prozess, seiner Urlaubsbekanntschaft imponieren wollen, indem er aufs Gas stieg. Er wurde wegen Körperverletzung zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt, die Frau, die er anfuhr, ist seither schwerst behindert. 2016 war der in jeder Hinsicht folgenschwerste Unfall passiert. Da lieferten sich zwei junge Männer ein illegales Straßenrennen und töteten einen Rentner in einem Jeep. Das Verfahren gegen die beiden endete mit einem Urteil wegen Mordes, es war das erste Mal in der deutschen Rechtsgeschichte, dass ein Raser-Unfall als vorsätzliches Tötungsdelikt eingestuft wurde.

Der Blitzer vor der Berliner Schaubühne wurde mehrmals zerstört

Eine Frage ist allerdings noch immer offen: Wie hält man die Raser vom Kurfürstendamm fern? Als erste Maßnahme hatte die Berliner Polizei 2022 auf dem Platz vor der Berliner Schaubühne einen Tempoblitzer aufgestellt. Doch bei dem Gerät ist nicht nur unklar, wie viele Autoraser es von ihrem Tun abhalten kann, es wird auch immer wieder zerstört. Zuletzt musste der Blitzer im März erneuert werden, nachdem bereits zum zweiten Mal jemand versucht hatte, ihn zu sprengen.

Seit Tagen werden nun Forderungen nach einer Verkehrsberuhigung auf dem Kurfürstendamm laut, am Mittwoch war der jüngste Unfall auch Thema im Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Nicht nur die Oppositionsparteien Grüne und Linke fordern von der schwarz-roten Koalition, den Kurfürstendamm etwa durch Erlass eines Tempolimits von 30 Kilometern pro Stunde, einen geschützten Radweg und Fahrbahnverengungen zu entschleunigen. Auch aus der Regierungspartei SPD kamen dem Tagesspiegel zufolge Stimmen, die Maßnahmen wie Bodenschwellen, Bepflanzungen oder Verengungen auf dem Kurfürstendamm für denkbar halten.

In der CDU-geführten Senatsverwaltung für Verkehr, die über solche Maßnahmen entscheiden müsste, sieht man allerdings keinen Handlungsbedarf. Zumal im Abschnitt, in dem der Unfall passierte, bereits jetzt schon Tempo 30 gelte. Man bedauere die Folgen des Unfalls zutiefst und sei sich auch des Problems sogenannter Poserfahrten bewusst, heißt es auf SZ-Anfrage. Doch diese Fahrten ließen sich nicht verhindern: „Wer die Straßenverkehrsordnung missachten will, wird dies bedauerlicherweise auch weiterhin tun.“

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