In Kuba ist das Stromnetz landesweit komplett zusammengebrochen. Kurz nach der Ankündigung von Notmaßnahmen zur Bewältigung einer schweren Stromkrise meldete das Energieministerium, dass auch das wichtige thermoelektrische Kraftwerk Antonio Guiteras vom Netz gegangen sei. Mehrere andere Kraftwerke des sozialistischen Karibikstaats waren wegen ihres schlechten Zustands bereits außer Betrieb. Gegen Mittag kam in der Hauptstadt Havanna praktisch jede Geschäftstätigkeit zum Erliegen. Aus einigen Wohnungen und Restaurants drang das Geräusch von Generatoren.
Man werde ohne Pause an der Wiederherstellung der Stromversorgung arbeiten, versicherte Präsident Miguel Díaz-Canel im Kurznachrichtendienst X. Für die Führung des Landes habe die Lösung dieses für die Bevölkerung hochsensiblen Problems absolute Priorität.
Schulen bleiben geschlossen, Büroarbeit fällt aus
Ministerpräsident Manuel Marrero hatte zuvor in der Nacht zum Freitag in einer Fernsehansprache die Situation des Stromnetzes im Land als „komplex“ beschrieben. Grund für die häufigen Ausfälle seien vor allem fehlende Brennstoffe und Betriebsstörungen in den alten Kraftwerken, sagte Marrero. Vor dem Stromausfall dauerten in Teilen des Landes mit etwa zehn Millionen Einwohnern die Stromausfälle ohnehin mehr als zwölf Stunden am Tag an.
Der staatliche Stromversorger UNE kündigte daraufhin die Einstellung nicht essenzieller Aktivitäten an. Nur Krankenhäuser und Lebensmittelproduktionsstätten dürften ohne Kürzungen weiterarbeiten. An den restlichen Arbeitsplätzen könne nur noch das erforderliche Personal eingesetzt werden. Kulturelle Aktivitäten und Freizeitzentren mit Stromgebrauch würden zudem ausgesetzt. Auch der Schulunterricht wurde vorübergehend eingeschränkt.
Veraltete Infrastruktur
Kuba steckt in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seit der Revolution um Fidel Castro von 1959. Wegen des schlechten Zustands der veralteten Infrastruktur - auch als Folge des seit mehr als 60 Jahren bestehenden Handelsembargos der USA - gehen in Kuba regelmäßig die thermoelektrischen Kraftwerke vom Netz und müssen notdürftig repariert werden. Stromausfälle gehören im ganzen Land zum Alltag.
In Havanna wurde das Problem bisher größtenteils in Grenzen gehalten. Seit zwei Jahren gibt es dort hin und wieder Phasen planmäßiger Stromabschaltungen, bei denen die Viertel abwechselnd alle drei Tage vier Stunden lang ohne Elektrizität auskommen müssen. Seit Montag fiel auch in Havanna jeden Tag der Strom aus, bisweilen für mehr als vier Stunden.
Kubas Stromversorgung beruht der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge zu gut 80 Prozent auf Öl. Schwere See hat zuletzt verhindert, dass Brennstoff auf dem Wasserweg an die Kraftwerke geliefert werden konnte. Den Behörden zufolge dürfte besseres Wetter dieses Problem in den kommenden Tagen lindern. Ungelöst bleibt jedoch damit die grundsätzliche Versorgungslage. Der größte Lieferant Venezuela kämpft darum, im eigenen Land Engpässe zu vermeiden und hat in den ersten neun Monaten des Jahres im Schnitt etwa 32 600 Barrel Öl pro Tag an Kuba geliefert. Das ist grob halb so viel wie die 60 000 im Vorjahreszeitraum. Auch Russland und Mexiko haben ihre Lieferungen gedrosselt.