Hessen:Verurteilung von Ärztin Hänel wegen Werbung für Abtreibungen rechtskräftig

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Ärztin Kristina Hänel (Foto: Boris Roessler/dpa)

Sie habe auf ihrer Homepage darüber informiert, wie Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen würden, urteilt das Gericht. Die Ärztin will sich gegen das Urteil wehren.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft für rechtskräftig erklärt und die Revision verworfen. Die Homepage der Medizinerin informiere nicht nur darüber, dass Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt würden, sondern enthalte auch ausführliche Informationen über das "Wie", hieß es. Damit könne sie sich nicht auf die im Strafgesetzbuch geregelte Ausnahme berufen, hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung ( Az. 1 Ss 96/20).

Hänel kündigte in einer Erklärung eine Verfassungsbeschwerde gegen die nicht anfechtbare Entscheidung an. "In anderen Ländern wie Irland, Argentinien, Südkorea werden die Gesetze liberalisiert, nirgends sonst gibt es einen Strafrechtsparagrafen, der sachliche Informationen verbietet", sagte Hänel über den Paragrafen 219a StGB. Angesichts der großen Probleme, die die Corona-Pandemie mit sich bringe, scheine es "zunehmend absurder, an diesem unsäglichen Relikt festzuhalten".

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Einem Papier zufolge sei das aber nicht immer problemlos möglich. Ärztinnen und Ärzten fehle es mitunter an der Akzeptanz für ein solches Verfahren.

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Via Twitter erklärte Hänel außerdem, was das Urteil für sie persönlich bedeutet: "Nun bin ich leider gezwungen, meine Informationen von der Webseite zu nehmen, sonst wäre ich am Ende finanziell ruiniert. Aber, wichtig: Alle Personen, die KEINE ABBRÜCHE MACHEN, dürfen über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Bitte tut das jetzt!"

Die Gießener Ärztin war im November 2017 vom Amtsgericht Gießen wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Gießen verwarf ihre Berufung gegen dieses Urteil knapp ein Jahr später. Die hiergegen eingelegte Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Gericht. Dabei wurde auch auf eine veränderte Gesetzeslage verwiesen. Das Landgericht änderte daraufhin das angefochtene Urteil ab und verurteilte die Ärztin zu einer Geldstrafe. Nun hat das OLG die gegen dieses Urteil eingelegte Revision verworfen.

Bei der nach einer monatelangen politischen Debatte im Februar 2019 beschlossenen Reform der Strafnorm war der Paragraf 219a StGB abgeändert worden. Ärzte dürfen demnach zwar "auf die Tatsache hinweisen", dass sie Abtreibungen vornehmen, aber weiterhin nicht darauf, welche Methoden sie anwenden.

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