Krisensitzung in Rom:Müllchaos: Krawalle in Italien

Die Proteste gegen eine geplante Mülldeponie in Süditalien eskalieren: In der Nähe von Neapel steckten Maskierte Müllwagen in Brand und lieferten sich Gefechte mit der Polizei. Regierungschef Berlusconi hat für heute eine Krisensitzung einberufen.

Die Proteste gegen eine neue Mülldeponie in Terzigno nahe der süditalienischen Stadt Neapel sind eskaliert. Nach nächtlichen Ausschreitungen vermummter Demonstranten in Terzigno kam es auch in der nahegelegenen Stadt Boscoreale zu Krawallen, wie die Nachrichtenagentur ANSA meldete. Die Regierung in Rom berief für heute eine Krisensitzung ein.

Müll-Chaos in Neapel - Proteste

Bilder wie im Krieg aus der süditalienischen Stadt Boscoreale. Demonstranten setzten zwei Müllwagen in Brand.

(Foto: dpa)

Im 25 Kilometer südöstlich von Neapel gelegenen Boscoreale setzten Demonstranten zwei Müllabfuhrwagen in Brand und beschädigten drei weitere, wie ein Polizeisprecher in Neapel mitteilte. Demnach wurden auch Scheiben von Geschäften zerschlagen, Demonstranten warfen zudem Flaschen und Rauchgeschosse auf die bewaffneten Polizisten.

Zwei Beamte wurden Medienberichten zufolge verletzt, als Demonstranten ein Polizeiauto und eine italienische Flagge ansteckten. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die aufgebrachte Menge auseinanderzutreiben.

Der Bürgermeister von Boscoreale, Gennaro Langella, von der italienischen Regierungspartei Volk der Freiheit (PDL) gab daraufhin aus Protest gegen den geplanten Bau der Deponie seinen Rücktritt bekannt. "Ich kann so eine gefährliche und ernste Entscheidung nicht mittragen", sagte er. "Es handelt sich um ein sehr ernstes Problem nicht nur für die öffentliche Gesundheit, sondern auch für die öffentliche Ordnung." Er sei sehr beunruhigt über die Ereignisse in der Region.

Das Müllproblem soll heute bei einer Krisensitzung der Regierung in Rom behandelt werden. Das sagte der Bürgermeister von Terzigno, Domenico Auricchio, der am Donnerstag in die italienische Hauptstadt gereist war, um Regierungschef Silvio Berlusconi um Hilfe zu bitten. Berlusconi hatte nach seinem Wahlsieg 2008 die Beseitigung des Müllproblems zur Chefsache erklärt und angekündigt, neue Verbrennungsanlagen notfalls durch die Armee verteidigen zu lassen.

Seit Wochen demonstrieren die Bewohner von Terzigno 20 Kilometer südöstlich von Neapel gegen den Bau einer neuen Mülldeponie und das Müllchaos in der Region. Die Proteste eskalierten Mitte der Woche, als eine Gruppe Maskierter die Sicherheitskräfte mit Steinen und Knallkörpern bewarf. Die Organisatoren des Protestes hätten die gewalttätigen Demonstranten vergeblich zur Ruhe aufgerufen.

Heute wollen Bewohner mehrerer Vororte von Neapel in der Hauptstadt Rom gegen das Müllchaos und den Bau der Deponie demonstrieren, die mit einer Kapazität von drei Millionen Tonnen die größte Anlage in Europa werden soll.

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