Kriminalität:XY...gelöst: Wie sich ein Mann im Fernsehen als Täter erkennt

Kriminalität: Die "Aktenzeichen xy"-Sendung am 5. Oktober 2016 sah Fatih D. aus Mannheim nur zufällig. Doch sie veränderte sein Leben.

Die "Aktenzeichen xy"-Sendung am 5. Oktober 2016 sah Fatih D. aus Mannheim nur zufällig. Doch sie veränderte sein Leben.

In Mannheim zappt ein junger Mann zufällig in die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY...ungelöst". Und stellt plötzlich fest, dass er derjenige ist, der dort wegen Totschlags gesucht wird.

Eine kurze Zeitungsmeldung Anfang Oktober: Einen Tag nach Ausstrahlung der jüngsten "Aktenzeichen XY... ungelöst"-Sendung zum gewaltsamen Tod eines Rentners habe sich der mutmaßliche Täter gestellt. "Am Donnerstag meldete sich ein 27-Jähriger bei der Kripo und gab zu, im Juni 2015 in Mannheim den 68-Jährigen im Streit niedergeschlagen zu haben. Der Senior starb an seinen Kopfverletzungen."

Es sei höchst ungewöhnlich, hieß es weiter, dass sich ein gesuchter Unbekannter nach "Aktenzeichen XY" stelle. Eine Sprecherin der Polizei Mannheim, wo sich die Tat ereignete, wurde mit den Worten zitiert, so etwas habe sie in den 29 Jahren ihrer Dienstzeit nicht erlebt. "Weshalb sich der Mann dazu entschloss, ist unklar", endete der kurze Bericht: "War es der Fahndungsdruck? Oder hatte er zuvor nicht gewusst, dass er getötet hatte? Dazu konnten die Fahnder bisher nichts sagen."

Wir haben den Täter einfach selbst gefragt. Er heißt Fatih D., lebt in Mannheim, arbeite für einen Sicherheitsdienst und ist noch auf freiem Fuß, wie es so merkwürdig heißt. Da keine Fluchtgefahr besteht, ist er nicht in Haft. Aber das wird noch kommen. An seiner Schuld besteht kein Zweifel: Ein 68-jähriger Mann ist gestorben, weil Fatih D. ihn geschlagen hat.

Die beiden Männer kannten sich nicht. Sie liefen sich eines Morgens in der Mannheimer Innenstadt vor dem Dorint Hotel zufällig über den Weg. Fatih D. behauptet, es sei nur eine Ohrfeige gewesen. Das Gericht wird darüber zu entscheiden haben, ob das glaubhaft ist. Die Tat wird als Gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge eingestuft. Der Strafrahmen dafür liegt bei drei bis fünfzehn Jahren.

Fatih D. sagt, er habe nicht gewusst, dass der Mann, den er geschlagen hatte, gestorben sei. Er sagt, sein Leben sei eigentlich ziemlich gut gewesen, als er es sich eines Abends Anfang Oktober zusammen mit seiner Verlobten vor dem Fernseher bequem gemacht habe. Er weiß noch, dass er eine Tasse Tee in der Hand hatte und dass Coco, seine deutsche Dogge, auch mit auf dem Sofa saß. Irgendwie kam nichts im Fernsehen, also zappte er nur so rum.

Bis er ins ZDF schaltete. Dort war gerade die Fassade eines Hotels zu sehen. Es sah aus wie Hotels in deutschen Innenstädten eben aussehen, nichts Besonderes. Fatih D. schaute weiter. Sein Herz pochte auf einmal wie verrückt. "Die Welt ist zusammengebrochen in diesem Moment für mich".

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