Kriminalität - Wiesbaden:Ministerin-Befragung nach Festnahme von hohem Justizbeamten

Deutschland
Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) sitzt in einem Gerichtssaal. Foto: Andreas Arnold/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Nach der Festnahme eines hohen Justizbeamten wegen des Verdachts der Bestechlichkeit soll Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) im Rechtsausschuss des Landtags befragt werden. Auf Initiative der Fraktionen von SPD und Linken trifft sich das Gremium heute in Wiesbaden zu einer Sondersitzung. Die SPD-Fraktion erhofft sich nach eigenen Angaben unter anderem Antworten von der Ministerin zur Frage, ob in der Justiz Kontrollmechanismen versagt haben.

Wegen des Verdachts der Bestechlichkeit sitzt der höhere Beamte, der für die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt tätig ist, in Untersuchungshaft. Der 53-Jährige soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt einem Unternehmen zu Gutachtenaufträgen in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren verholfen haben. Als Gegenleistung habe er von August 2015 bis Juli 2020 über 240 000 Euro erhalten. Dem 53-Jährigen sowie dem 54 Jahre alten Leiter des bereits 2005 gegründeten Unternehmens werden gewerbsmäßige Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung vorgeworfen.

Die Organisation Transparency Deutschland nannte den Fall einen "herben Rückschlag für den Kampf gegen Korruption". Wegen der herausgehobenen Rolle, die der verhaftete Oberstaatsanwalt in der Verfolgung und Prävention von Korruption gespielt habe, sei die Autorität der Justiz bei solchen Taten in Frage gestellt, erklärte der Vorsitzende Hartmut Bäumer. "Wenn Korruption selbst innerhalb der Generalstaatsanwaltschaft nicht eher entdeckt wird - was taugen dann deren Vorschläge zur Prävention?"

Eine drängende Frage sei auch, ob der tatverdächtige Staatsanwalt auch inhaltlich auf die Gutachten Einfluss genommen habe, hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Günter Rudolph gesagt. Und: "Was bedeutet diese Korruptionsaffäre für die Gerichtsverfahren, in denen die Gutachten eine Rolle gespielt haben?"

Auf Antrag der Linksfraktion soll es im Rechtsausschuss auch um die Ermittlungen zur "NSU 2.0"-Drohschreibenserie und mutmaßlich illegale Datenabfragen an Polizeicomputern gehen. Die Linken wollen von Kühne-Hörmann unter anderem wissen, warum es Monate gedauert habe, bis Beamte als Zeugen vernommen wurden, die zum Zeitpunkt der unberechtigten Datenabfragen Zugriff auf den entsprechenden Rechner gehabt hätten.

Es war bekanntgeworden, dass unter anderem Linken-Politikerinnen mit "NSU 2.0" unterzeichnete Drohschreiben bekommen hatten. Weitere bekannte Empfängerinnen waren die Kabarettistin İdil Baydar und die Anwältin Seda Basay-Yildiz. Die Juristin hatte im Münchner Prozess um die Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) Opferfamilien vertreten. Über Basay-Yildiz, Baydar und die hessische Linken-Fraktionschefin Janine Wissler waren zuvor persönliche Daten von Polizeicomputern in Frankfurt und Wiesbaden abgerufen worden.

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