Kriminalität:Was wir wissen und was nicht

Kriminalität
Auf einem Bildschirm am Ort des Anschlags nahe der Gedächtniskirche stehen die Worte: "In Trauer und Anteilnahme für die Opfer und alle Betroffenen". Foto: Maurizio Gambarini (Foto: dpa)

Berlin (dpa) - Nach dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt fahndet die Bundesanwaltschaft öffentlich nach einem konkreten Verdächtigen.

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Berlin (dpa) - Nach dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt fahndet die Bundesanwaltschaft öffentlich nach einem konkreten Verdächtigen.

WAS WIR WISSEN

- Nach dem verdächtigen Tunesier Anis Amri (24) wird europaweit gefahndet. Die Bundesanwaltschaft bat die Öffentlichkeit um Mithilfe und schrieb für Hinweise eine Belohnung von 100 000 Euro aus.

- Amri kam im Juli 2015 nach Deutschland. Laut NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) tauchte er erst in Freiburg, dann in Nordrhein-Westfalen und schließlich in Berlin auf, wo er seit Februar 2016 überwiegend gelebt habe.

- Sein Asylantrag wurde im Juni dieses Jahres abgelehnt: Wegen fehlender gültiger Ausweispapiere konnte er nicht ausgewiesen werden. Er verwendete mehrere Alias-Namen und wurde von mehreren Behörden als islamistischer Gefährder beobachtet.

- Laut Jäger ermittelte die Berliner Generalstaatsanwalt gegen Amri wegen Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat. Die Ermittlung sei vom Landeskriminalamt NRW initiiert worden.

- Der Todesfahrer steuerte am Montagabend den Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt, mindestens zwölf Menschen starben. Rund 50 weitere Besucher des Marktes werden verletzt, viele von ihnen schwer. Die Ermittler gehen von einem Terroranschlag aus. Amris Papiere lagen im Fußraum des Lastwagens.

- Ein unmittelbar nach der Tat festgenommener Verdächtiger wird am Dienstagabend wieder freigelassen. Laut Bundesanwaltschaft in Karlsruhe reichen die Ermittlungsergebnisse für einen dringenden Tatverdacht nicht aus.

- Fast genau 24 Stunden nach dem Anschlag reklamiert die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Angriff für sich. Die Botschaft wird über das IS-Sprachrohr Amak im Internet verbreitet.

- Zu den zwölf Todesopfern gehört auch der ursprüngliche Speditionsfahrer aus Polen - es handelt sich um den Cousin des Speditions-Eigentümers Ariel Zurawski, der sein Unternehmen in der Nähe von Stettin hat.

- Im Führerhaus des Lastwagens wird blutverschmierte Kleidung gefunden.

WAS WIR NICHT WISSEN

- Laut Jäger ermittelte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft gegen Amri. Unklar ist aber, was aus den Ermittlungen geworden ist.

- Wie kamen Amris Papiere in das Führerhaus des Lkw? Wurden sie absichtlich dorthin gelegt - als Bekenntnis oder falsche Fährte? Oder gingen sie im Kampf mit dem polnischen Lastwagenfahrer verloren?

- Was ist davon zu halten, dass Tunesien nach Angaben Jägers die für eine Abschiebung notwendigen Ausweispapiere erst zwei Tage nach der Bluttat nach Deutschland schickte?

- Nach wie vor ist unklar, ob ein oder mehrere Täter hinter dem Anschlag stecken, ob der oder die Täter von außen gesteuert oder aus eigener Initiative gehandelt haben.

- Die Echtheit der IS-Behauptung, dass die Terror-Miliz verantwortlich für den Anschlag ist, lässt sich nicht verifizieren. Sie wurde aber über die IS-Kanäle im Internet verbreitet, die schon nach früheren IS-Anschlägen verwendet wurden.

- Fraglich ist die Zuverlässigkeit des Zeugen, der nach eigenen Angaben den zunächst Festgenommenen vom Tatort bis zur Siegessäule verfolgt haben will.

- Unklar ist, was in den letzten Stunden im Leben des eigentlichen Lkw-Fahrers geschehen ist. Die Leiche des Polen wurde am Tatort auf dem Beifahrersitz gefunden. Die "Bild" meldet unter Berufung auf Obduktionsergebnisse, er habe bis zum Attentat noch gelebt. Ein Ermittler habe von einem Kampf gesprochen. Die Rede ist auch von Messerstichen. Nach dpa-Informationen wurde er mit einer kleinkalibrigen Waffe erschossen. Spekuliert wird auch, ob der Fahrer dem Täter ins Lenkrad gegriffen hatte.

- Ebenfalls unklar ist, wie genau sich der Täter des Lastwagens bemächtigte. Polnische Medien berichten unter Berufung auf die Spedition von GPS-Daten, die zeigten, dass der Wagen in Berlin am Tag der Tat ab etwa 16 Uhr mehrmals gestartet worden sei. Um diese Uhrzeit riss der Kontakt zwischen Spedition und Fahrer ab,

- Das Schicksal ausländischer Vermisster - darunter eine Italienerin und eine Israelin - ist noch ungewiss.

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