Das subjektive Sicherheitsempfinden vieler Deutscher nimmt seit Jahren ab. Dabei sei "Deutschland eines der sichersten Länder der Welt". Das sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Dienstag bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik für das vergangene Jahr. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, seit Jahren rückläufig. Ein Trend, der sich auch 2018 fortgesetzt hat. Im vergangenen Jahr wurden so wenige Straftaten erfasst wie erst einmal seit der Wiedervereinigung, im Jahr 1992. Schon für 2017 konnte das Innenministerium einen einen deutlichen Rückgang präsentieren. "Erfreulich", sei das, so der Innenminister.
Der Kriminalstatistik zufolge wurden 2018 insgesamt 5,55 Millionen Delikte erfasst. Schon im Jahr 2017 war dieser Wert stark rückläufig gewesen, damals um fast zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Der Höchstwert der vergangenen knapp 30 Jahre lag 2004 bei 6,63 Millionen erfasster Delikte. Der größte Einzelbereich sind stets Eigentumsdelikte. Dazu zählen Ladendiebstähle, Fahrzeugdiebstahl aber auch Einbrüche. Und insbesondere hier konnte der Minister die Statistik nutzen, um Erfolge bei der Inneren Sicherheit herauszustellen.
Weniger Diebstähle, Wohnungseinbrüche und Gewaltdelikte
Im Vergleich zum Jahr 2017 sank die Zahl der Eigentumsdelikte um satte zehn Prozent. Beim klassischen Taschendiebstahl verzeichnete die Polizei sogar einen Rückgang von 18,2 Prozent. 75 Prozent der Einbrüche scheiterten bereits im Versuchsstadium, so Seehofer. Hier habe ein Förderungsprogramm für den Einbau von Einbruchabwehrsystemen Wirkung gezeigt, so der Bundesinnenminister.
Auch die Zahl der Wohnungseinbrüche sank auf einen historischen Tiefstand: 2018 wurden insgesamt 97 504 Fälle gemeldet, das ist ein Minus von 16,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Mehr Rauschgiftdelikte und Verbreitung von pornografischem Material
Eine Diebstahl-Art, die 2018 zugenommen hat, war der sogenannte Tankbetrug, also das Tanken ohne zu bezahlen. Allerdings handelt es sich nur um eine leichte Zunahme: 1,3 Prozent. Die Anzahl der Rauschgiftdelikte ist dagegen signifikant angestiegen - 350 662 Fälle wurden registriert (6,1 Prozent mehr). Auch 2017 gab es in dieser Kategorie bereits einen Anstieg. Seehofer wies auf einen Zusammenhang mit der einfacheren Verfügbarkeit von Drogen über Verkaufsplattformen im Internet hin.
Einen weiteren starken Anstieg gab es bei dem Delikt "Widerstand gegen Staatsgewalt" - fast 40 Prozent mehr als im Vorjahr. "Eine Zahl, die mich ganz besonders betroffen macht", sagte Seehofer. Die Zahl ist allerdings mit Vorsicht zu betrachten. Im Mai 2017 wurden neue Straftatbestände geschaffen, daher lässt sich die Zahl mit der Zeit davor nur eingeschränkt vergleichen. "Wir können die Übergriffe jetzt genauer nachvollziehen", erklärte Seehofer. In seiner Erklärung verwies Seehofer auf statistische Widersprüche, denn eigentlich sei - zumindest statistisch - das Vertrauen in die Polizei und die Zufriedenheit mit ihrer Arbeit in der Bevölkerung hoch. Dennoch nehme die Aggressivität gegenüber den Einsatzkräften zu. "Alkohol ist dafür keine Entschuldigung", so Seehofer.
Um 13,6 Prozent hat die den Behörden bekannte Verbreitung pornografischer Schriften (11 435 Fälle erfasst) zugenommen. Dieser Bereich beinhaltet auch die Verbreitung von Kinderpornografie und schließt Fälle mit ein, bei denen Kinder illegalerweise oder Erwachsene unaufgefordert von Dritten pornografischem Material ausgesetzt werden.
Kritik an der Kriminalstatistik
Kritik am Umgang mit den vom Innenministerium jährlich präsentierten Zahlen kommt auch aus den Reihen der Polizei selbst. So sagte etwa der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Sebastian Fiedler, der Zeitung Welt, dass die Kriminalstatistik die tatsächliche Kriminalitätsbelastung nur eingeschränkt wiedergebe. Alternativ schlägt Fiedler "periodische Sicherheitsberichte" vor, die nicht aus den Reihen der Polizei, sondern durch ein unabhängiges Expertengremium erarbeitet werden sollten.
Ein wiederkehrender Vorwurf gegen die bisherige Form der Kriminalstatistik lautet: Sie spiegele vor allem wider, was die Polizei untersuche und worauf sie einen Schwerpunkt lege. Außerdem tauchen natürlich nur die Delikte, die zur Anzeige gebracht werden, in der Statistik auf. Das Dunkelfeld, also jene strafbaren Handlungen, die nicht angezeigt werden, zum Beispiel im Bereich von häuslicher Gewalt oder bei Sexualdelikten, tauchen in der Statistik nicht auf.