Kriminalität - Mainz:Weniger Straftaten, mehr Täter gefasst

Deutschland
Ein Streifenwagen der Polizei steht mit eingeschaltetem Blaulicht. Foto: Carsten Rehder/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Mainz (dpa/lrs) - Die Straftaten in Rheinland-Pfalz sind weiter leicht gesunken - auf den niedrigsten Wert seit 25 Jahren. Zugleich ist die Aufklärungsquote erneut etwas gestiegen. Dennoch gibt es auch wachsende Kriminalitätsfelder, wie Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Montag in Mainz bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2019 sagte. So hat die Polizei mehr politische Straftaten registriert, auch Cyberkriminalität und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung haben innerhalb eines Jahres zugenommen. Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:

STRAFTATEN: Rund 241 500 Straftaten wurden 2019 gezählt. Das waren etwa 2900 (-1,2 Prozent) weniger als vor einem Jahr. Die ausländerrechtlichen Verstöße gegen Einreisebestimmungen herausgerechnet, waren es nur etwa 236 000 Straftaten - und die niedrigste Zahl der Fälle seit 1994.

KRIMINALITÄTSBELASTUNG: Auf 100 000 Einwohner kommen rechnerisch mehr als 5900 Fälle (minus 88). Ohne ausländerrechtliche Einreisebestimmungen (kein Visum, kein Pass) waren es 5777 - so wenig wie seit 1992 nicht mehr und auch weniger als im Bundesdurchschnitt (2018: 6513 pro 100 000 Einwohner).

VERTEILUNG DER STRAFTATEN: Gut jede vierte Straftat war ein Diebstahl, fast jede fünfte ein Vermögens- oder Fälschungsdelikt.

MORD UND TOTSCHLAG: 84 Straftaten gegen das Leben wurden gezählt, in 47 blieb es beim Versuch. Das ist die zweitniedrigste Zahl seit Einführung der Kriminalstatistik 1971. Acht Menschen wurden ermordet und bei sechs wurde es versucht. Alle Fälle wurden aufgeklärt. Körperverletzung wurde 29 671 Mal angezeigt, minus 339 Fälle.

AUFKLÄRUNG: 64,9 Prozent der Straftaten wurde aufgeklärt. Die ausländerrechtlichen Verstöße abgezogen waren es 64,1 Prozent: Der Rekord seit Einführung der bundeseinheitlichen Statistik im Jahr 1971.

POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT: Die Zahl der politisch motivierten Straftaten stieg im Jahresvergleich um 17 auf etwa 1060. Zwar wurde bei den rechtsmotivierten Straftaten ein Rückgang um acht Prozent auf 640 verzeichnet worden, dennoch machten sie mehr als die Hälfte aus.

CYBERKRIMINALITÄT: hier sei ein Plus von rund acht Prozent auf 13 600 Straftaten verzeichnet worden. Dazu komme ein hohes Dunkelfeld. Dabei spielt der sogenannte Cyberbunker - das Darknet-Rechenzentrum - von Traben-Trarbach eine große Rolle.

SEXUELLE SELBSTBESTIMMUNG nahmen um 14,6 Prozent oder rund 450 Fälle auf fast 3600 zu. Grund sei vor allem die Verbreitung pornografischer Schriften, oft auch von jungen Tätern über Messengerdienste und das Internet. Oft seien Klassenkameraden betroffen, die Motive reichten von verflossener Liebe über Rache und Mobbing bis zu Streichen, sagte der Präsident des Landeskriminalamtes, Johannes Kunz. Vergewaltigung sei auch häufiger angezeigt worden, in vier von fünf Fällen kennten sich Täter und Opfer. Den Anstieg von 44 auf 518 Fälle erklärt Kunz unter anderem mit der Änderung des Sexualstrafparagrafen und Auswirkungen der #Meetoo-Debatte.

WOHNUNGSEINBRÜCHE: gingen erneut zurück, um 20 Prozent auf 3250 Fälle - so wenig wie nie seit sie extra in der Statistik ausgewiesen werden (1999). In knapp der Hälfte der Fälle blieb es zudem beim Versuch. Die Aufklärungsquote wurde auf mehr als 23 Prozent gesteigert, 517 Tatverdächtige wurden ausfindig gemacht. Darunter sei ein Serientäter gewesen, dessen Gruppe habe zerschlagen werden können. Der Mann sitze in Albanien im Gefängnis.

CALL-CENTER-BETRUG: Falsche Polizisten und Behördenbedienstete oder angebliche Verwandte. Trotz massiver Ermittlungserfolge hätten diese dreisten Täter immer wieder Erfolg, warnte LKA-Präsident Kunz. Erst kürzlich hätten falsche Polizisten eine Geschäftsfrau in Koblenz um eine halbe Million Euro gebracht und einen Rheinhessen mit dem Enkeltrick um 15 000 Euro. "Wenn die Täter mit der Polizei-Variante nicht landen, geben sie sich schnell als Bankbedienstete aus oder suchen eine andere Variante." Auf 100 Anrufe komme noch immer ein vollendeter Fall - mit regelhaft hohem Schaden. 63 Prozent der Angerufenen seien 71 bis 90 Jahre alt, und 91 Prozent des Schadens entfalle auf diese Altersgruppe.

GELDAUTOMATENSPRENGUNGEN: gehen zurück. 22 Fälle (minus 4) waren es 2019, davon blieb es etwa in der Hälfte beim Versuch. In diesem Jahr waren es bislang 3 statt 7 im Vorjahr. Nach zwei Briefen des Innenministers sei es zu einer guten Kooperation mit den Banken gekommen.

RAUSCHGIFT: Die Rauschgiftkriminalität hat um rund fünf Prozent auf 20 300 zugenommen. Der Kauf und Konsum von Cannabisprodukten seien der wesentliche Grund, sagte Kunz. International sei die Verfügbarkeit von Drogen hoch. 43 Menschen starben an den Folgen ihres Drogenkonsums, 15 weniger als 2018.

TÄTER: Rund 75 Prozent der Tatverdächtigen sind Männer. Unter 21 Jahre waren fast 21 600 (plus 1,2 Prozent). Dies sei vor allem auf die Generation Smartphone und darüber verbreitete pornografische Schriften zurückzuführen, sagte Lewentz. Zuwanderer begingen rund 11 300 der erfassten Delikte. Entgegen dem bisherigen Trend sei dies ein deutlicher Rückgang von minus 12 Prozent, sagte Lewentz. Der Anteil der tatverdächtigen Zuwanderer sei damit von 8,5 auf 7,5 Prozent gesunken.

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