Kriminalität - Grevenbroich:DNA-Massentest soll Mörder von Claudia Ruf entlarven

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Grevenbroich (dpa) - Der unbekannte Mörder der elfjährigen Claudia Ruf soll 23 Jahre nach der Tat doch noch Namen und Gesicht bekommen. Die Ermittler haben neue Hoffnung geschöpft und starten weitere aufwendige Aktionen. Sie setzen auf einen DNA-Test bei 1600 Männern. Das haben Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag in Grevenbroich am Niederrhein angekündigt.

Profiler vermuten den Täter im dörflichen Umfeld des Mädchens: "Es könnte ein unbescholtener Bürger aus der Nachbarschaft gewesen sein." 800 Männer aus ihrem Dorf, die zur Tatzeit zwischen 14 und 70 Jahre alt waren und dort noch wohnen, sollen schon in den nächsten Tagen eine Speichelprobe abgeben.

Zudem bekommen alle Haushalte des zu Grevenbroich gehörenden Dörfchens Hemmerden Post mit der Bitte, sich an bestimmtes, auffälliges Verhalten ihrer Mitmenschen im Tatzeitraum zu erinnern.

Die Ermittler veröffentlichten am Freitag eine Video-Botschaft von Claudias Vater mit einem emotionalen Appell: "Bitte helfen sie der Polizei. Bitte helfen sie mir." Es bestehe jetzt die Chance, das traurige Schicksal seiner Tochter doch noch aufzuklären.

"Er muss sich endlich erklären. Er hat sich lange genug hinter uns allen verstecken können", sagte der Vater, der erklärte, er habe sein Haus in Hemmerden gebaut, weil er dachte, dass seine Kinder dort behütet aufwachsen könnten. "Das war leider nicht so."

Zwei Punkte geben den Ermittlern Anlass zur Hoffnung, den Fall doch noch aufzuklären: Man wisse jetzt, warum die Leiche des Kindes 70 Kilometer entfernt bei Euskirchen auf einem Feldweg abgelegt wurde, könne dies aber aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht verraten. Der Täter hatte sie dort - um Spuren zu verwischen - mit Benzin übergossen und angezündet.

Zweitens: Inzwischen reicht es, wenn ein Verwandter des Täters eine Speichelprobe abgibt. Seit 2017 dürfen die DNA-Analyselabore auch bei Beinahe-Treffern Alarm schlagen, also wenn DNA eines Verwandten des Täters auftaucht. Damit erhöhen die Mordermittler bewusst den Druck auf den Unbekannten, der in den vergangenen zehn Jahren bereits zwei Massen-Gentests überstand, ohne entdeckt zu werden.

Inzwischen haben Profiler und "Cold Case"-Spezialisten den Fall neu analysiert und die Hypothese, dass sie es mit einem reisenden Serienmörder zu tun haben, zu den Akten gelegt.

Das Mädchen war am 11. Mai 1996, einem Samstagabend, in Grevenbroich zwischen Düsseldorf und Köln entführt und zwei Tage später im 70 Kilometer entfernten Euskirchen auf einem Feldweg erdrosselt aufgefunden worden. Die Schülerin hatte den Hund eines Nachbarn ausgeführt - der später allein zurückgekehrt war. Der Täter hatte das Kind gefesselt, missbraucht und erdrosselt.

Reinhold Jordan war schon vor 23 Jahren Leiter der Mordkommission: "Auch wenn mein Haar inzwischen schütter geworden ist - ich bin guter Hoffnung, dass wir die Tat noch klären können." Etliche Männer werden nun zum wiederholten Mal zur Speichelprobe gebeten, aber das lasse sich nicht vermeiden: Die alten Proben mussten aus rechtlichen Gründen vernichtet werden. "Die Nachricht war damals ein Schock für die gesamte Region. Dieser Mord ist nie vergessen worden", sagte ein Ermittler. "Die Menschen wollen Gewissheit haben."

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