Kriminalität - Göttingen:Göttinger Doppelmordprozess: Lebenslange Haft gefordert

Deutschland
Der Schriftzug "Landgericht, Amtsgericht, Arbeitsgericht" ist am Haupteingang zu sehen. Foto: Swen Pförtner/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Göttingen (dpa/lni) - Eine Frau wird auf offener Straße mit Benzin übergossen, angezündet und erstochen - und auch ihre zu Hilfe eilende Arbeitskollegin ersticht der Angreifer. Rund ein Jahr nach der tödlichen Attacke auf zwei Frauen in Göttingen hat die Staatsanwaltschaft am Mittwoch lebenslange Haft für den Angeklagten gefordert. Der 53-jährige Deutsche, Ex-Freund des ersten Opfers, sei zudem in Sicherungsverwahrung unterzubringen und eine besondere Schwere der Schuld festzustellen, sagte der Staatsanwalt.

Die Verteidigung sah die Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen Mordes nicht als erfüllt an. Sie plädierte auf Totschlag in besonders schwerem Fall und auf Totschlag - was den Anwälten zufolge ebenfalls eine lebenslange Haft bedeuten könnte. (Az.: 6 Ks 1/20).

Kurz vor der Tat habe der 53-Jährige seine Ex-Freundin von deren Balkon aus mit einem anderen Mann beobachtet, sagte der Staatsanwalt. Daraufhin habe er die Möbel auf dem Balkon zertrümmert. "Er fühlte sich betrogen", so der Ankläger. "Er konnte die Trennung nicht akzeptieren." Der Mann habe deshalb Benzin gekauft, es in mehrere Sprühflaschen gefüllt.

Am 26. September habe der gelernte Tischler dann seine Ex-Freundin vor deren Arbeitsplatz abgepasst, sie mit Benzin besprüht und angezündet. Die 44-jährige Deutsche habe versucht zu fliehen, doch der Angeklagte sei ihr nach, so der Staatsanwalt. Zeugen versuchten demnach, die Frau zu löschen. Der Angeklagte zündete sie wieder an und stach mit einem Messer auf sie ein.

Dabei soll er gerufen haben: "Ich habe dich gewarnt, mich verlässt man nicht." Eine zu Hilfe eilende 57 Jahre alte deutsche Arbeitskollegin habe der Angeklagte mit drei Stichen so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus starb. Zwei weitere Helfer seien schwer verletzt worden. Die Ex-Freundin des Mannes starb noch auf der Straße. Allein ihr Herz sei vier Mal durchstochen worden. Der medzinische Gutachter habe im Prozess von einem "Overkill" gesprochen. Derart viele Verletzungen seien ihm in seinem Berufsleben noch nicht untergekommen.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte die Tat "geplant und gut vorbereitet". "Er hat sie getötet aus Wut", sagte der Staatsanwalt.

Schon die Beziehung sei "von Eifersucht und Besitzdenken geprägt" gewesen, führte der Anwalt der Familie der Ex-Freundin aus. Bis heute seien die Folgen der Tat für die Familie groß: "Das sind leere Gesichter", sagte der Anwalt. Die zehnjährige Tochter der Ex-Freundin gehe nicht mehr zur Schule, habe aufgehört zu reiten, sei in Therapie und leide unter unbeschreiblicher Angst. Sie habe ihren Vater gebeten, nicht zum Prozess zu gehen - aus Angst, dass der Angeklagte auch ihn umbringe. Der Vater erschien nicht vor Gericht.

Der Angeklagte hatte die Taten nach anfänglichem Schweigen gestanden. Erinnern könnte er sich aber nicht mehr, sprach von einem "Filmriss". Während der gesamten Sitzung saß er unbeteiligt und nahezu regunglos da. Das Urteil wird für Freitag erwartet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: