Kriminalität - Gera:Brutale Messerattacke: "Es bleibt ein Leben lang"

Deutschland
Einer der Angeklagten steht im Schwurgerichtssaal des Landgerichtes, rechts im Hintergrund sitzt ein zweiter. Foto: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Gera (dpa/th) - Es ist eine unheilvolle Begegnung in jener Februarnacht, die das Leben eines jungen Mannes in Gera auf einen Schlag verändert. Der 29-Jährige ist nach der Geburtstagsfeier seiner Mutter und einem gemeinsamen Filmabend mit Freunden auf dem Weg nach Hause - in Begleitung seiner Freundin und eines Freundes. Auf der Straße rempelt ihn jemand an: "Dann ist es ist innerhalb von Sekunden eskaliert." So schildert der Maschinenbauingenieur den brutalen Messerangriff, für den seit Mittwoch drei junge Männer vor dem Geraer Landgericht auf der Anklagebank sitzen.

Versuchter Totschlag sowie schwere und gefährliche Körperverletzung wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten im Alter von 15, 19 und 21 Jahren vor. Das Trio ging laut Anklage im Februar dieses Jahres auf offener Straße grundlos mit Schlägen, Tritten und einem Messer auf den 29-Jährigen und dessen 35 Jahre alten Begleiter los. Die beiden Opfer erlitten schwere Schnittverletzungen im Gesicht. Die Angreifer seien hoch aggressiv und hemmungslos gewesen, gibt der 35 Jahre alte Medizinpädagoge im Zeugenstand zu Protokoll.

Das Cuttermesser mit blauem Griff und drei Zentimeter langer Klinge soll laut Anklage der 15-Jährige gezückt haben. Bei der Polizei ist er kein Unbekannter. Der Hauptangeklagte sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Zum Prozessauftakt schweigt der Jugendliche im weißen Poloshirt und mit Topfhaarschnitt zunächst.

Mit seinen Stichen in Richtung Kopf, Hals und Schulter der Opfer habe der Angeklagte deren Tötung billigend in Kauf genommen, sagt Staatsanwältin Doreen Bergemann bei der Verlesung der Anklage. "Er versuchte zu töten, ohne Mörder zu sein." Auch habe der 15-Jährige zum Tatzeitpunkt die Reife gehabt, das Unrecht der Tat einzusehen.

Der Zivilcourage und dem mutigen Einschreiten eines Anwohners ist es wohl zu verdanken, dass nicht noch Schlimmeres passierte. Der Mann rannte laut der Staatsanwältin schreiend und mit einem Baseballschläger auf die Angreifer zu und bot den Opfern bis zum Eintreffen der Polizei Schutz in seinem Hauseingang. Der Helfer soll am nächsten Montag als Zeuge gehört werden.

Von den drei Angeklagten - die syrischer, iranischer und afghanischer Herkunft sind - äußert sich am ersten Verhandlungstag der 21-Jährige zu der verhängnisvollen Nacht. Sie begann nach seinen Aussagen mit dreieinhalb Flaschen Wodka: "Wir waren betrunken, und dann war da plötzlich die Auseinandersetzung", übersetzt ein Dolmetscher. Wie es dazu kam, konnte der Angeklagte nach eigener Aussage wegen Erinnerungslücken nicht sagen.

Die Spuren des Angriffs sind bei den beiden Opfern, die in dem Prozess auch als Nebenkläger auftreten, deutlich sichtbar. Der 29-Jährige trägt eine Narbe vom linken Ohr bis zur Oberlippe im Gesicht, der 35-Jährige erlitt eine Stichwunde an der Schläfe und hinter dem Ohr. Beide berichten von Taubheitsgefühlen. "Die Maske wegen Corona hilft noch, aber das andere bleibt ein Leben lang", sagt der Jüngere, der es seither aus Angst vermeidet, mit seiner Freundin abends auszugehen.

Daraufhin findet auch der Hauptangeklagte das erste Mal Worte im Gerichtssaal: "Es tut mit wirklich leid. Ich sage es von ganzem Herzen", wendet er sich an den 29-Jährigen und fügt noch hinzu: "Ich kriege sowieso meine Strafe."

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