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Kriminalität - Gera:Angeklagte will nichts von Angriff gewusst haben

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Gera (dpa/th) - Im Prozess um einen versuchten Mord in Jena hat die Angeklagte am Mittwoch jegliche Tötungsabsicht bestritten. Sie habe zu keinem Zeitpunkt gewusst oder geahnt, dass ihr Onkel ihren Ex-Freund habe angreifen oder töten wollen, ließ die 21-jährige Irakerin über ihren Anwalt erklären. Sie räumte zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Gera aber ein, den Onkel über einen gemeinsamen Spaziergang am Saaleufer und ihren Standort informiert zu haben.

Die Anklage wirft der Frau gemeinschaftlich begangenen versuchten Mord sowie gefährliche Körperverletzung vor. Sie soll ihren Ex-Freund Anfang Juni 2017 zu einem Spaziergang überredet haben. Am Saaleufer habe sie ihm die Augen zugehalten und eine Überraschung versprochen, sagte Staatsanwalt Arnd Knoblauch bei der Verlesung der Anklage.

In dem Moment der Arg- und Wehrlosigkeit habe ihm der Onkel einen Strick um den Hals gezogen, zweimal mit einem Messer in den Rücken gestochen und schließlich in den Fluss gestoßen. Das Schicksal des Mannes sei der Angeklagten gleichgültig gewesen und sie habe seinen Tod in Kauf genommen, sagte Knoblauch. Der Mann erlitt schwere Verletzungen, die im Jenaer Universitätsklinikum behandelt werden mussten. Grund für den Angriff soll gewesen sein, dass ihre Familie die Beziehung der beiden strikt abgelehnt hatte.

Nach Darstellung der jungen Frau hatte sie einige Wochen lang eine Liebesbeziehung zu dem Mann, der auch regelmäßig in ihrer Familie verkehrt sei. Allerdings habe ihre Mutter sie für zu jung für eine solche Beziehung gehalten und sie gedrängt, sich auf Schule und Sprachkurse zu konzentrieren. Daraufhin habe sie sich von dem Mann zunächst getrennt, was sehr schmerzhaft für sie gewesen sei. Bei dem Spaziergang habe sie ihm offenbaren wollen, dass sie die Beziehung doch wieder aufnehmen wolle. Sie sei davon ausgegangen, dass ihr Onkel lediglich mit dem Mann habe reden wollen.

Von dem Angriff sei sie geschockt gewesen, schilderte ihr Anwalt. So will sie dem Opfer sogar geholfen haben, indem sie eine Wunde mit der Hand bedeckte, um die Blutung zu stillen. Das Opfer selbst, das vom Gericht als Zeuge geladen war, versäumte den Prozess unentschuldigt.

Eine Sachverständige der Gerichtsmedizin schilderte vor Gericht die einzelnen Verletzungen an Kopf, Hals und Rücken. Sie deuteten darauf hin, dass mit einem einschneidigen Messer zugestochen worden sei, sagte sie. Die Verletzungen seien jedoch nicht so gravierend gewesen, dass der Mann in akuter Lebensgefahr gewesen sei.

Die Schülerin lebt nach Gerichtsangaben seit Ende 2015 mit ihrer Familie in Deutschland. Ihr Onkel sei untergetaucht und habe noch nicht vor Gericht gestellt werden können, hieß es. Für den Prozess sind zwei weitere Verhandlungstage bis Ende des Monats geplant.

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