Kriminalität - Frankfurt am Main:Waffen in Präsidium verschwunden: Beamter unter Verdacht

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Ein Schild mit der Aufschrift "Polizei" steht vor dem Polizeipräsidium in Frankfurt. Foto: Boris Roessler/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Aus der Asservatenkammer des Frankfurter Polizeipräsidiums sind Waffen und Munition verschwunden. Aufgefallen war dies bei Ermittlungen gegen einen Frankfurter Polizisten wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen und Bestechlichkeit, der für die Asservate verantwortlich war, wie das Präsidium am Freitag in Frankfurt mitteilte. In der Mitteilung werden "offenkundige Defizite" eingeräumt. Polizeipräsident Gerhard Bereswill erklärte, es werde intensiv daran gearbeitet, "alle Defizite in der Handhabung mit Asservaten aufzuzeigen und Gegenmaßnahmen umzusetzen".

Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet. Es gehe um mehr als 100 Waffen und Munition, die verschwunden seien. Der 41 Jahre alte Beamte soll demnach sichergestellte Waffen unterschlagen und anschließend verkauft haben.

Ein Polizeisprecher sagte auf Anfrage, der Verbleib der Waffen solle geklärt werden. Sie könnten möglicherweise vernichtet worden sein, ohne dass dies ordnungsgemäß dokumentiert worden sei. Hinweise auf Unregelmäßigkeiten hatte das Präsidium schon länger. Im September erhielt die Innenrevision einen Prüfauftrag und nach der Feststellung von Mängeln wurden Arbeitsgruppen eingerichtet.

Der 41-jährige Polizist soll für eine private Sicherheitsfirma aus Nordrhein-Westfalen gearbeitet haben, ohne sich diese Nebentätigkeit genehmigen zu lassen, wie Staatsanwaltschaft Frankfurt und das hessische Landeskriminalamt (LKA) im September 2020 mitgeteilt hatten. An die Sicherheitsfirma soll er Informationen aus unrechtmäßige Abfragen aus polizeilichen Datenbanken verkauft haben. Dem Polizisten war im August vergangenen Jahres verboten worden, seine Dienstgeschäfte weiterzuführen, ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet. Nach Angaben der Polizei von Freitag wird nun geprüft, ob der 41-Jährige suspendiert wird.

SPD und Linke im Landtag forderten Aufklärung und kritisierten Innenminister Peter Beuth (CDU) scharf. Der SPD-Abgeordnete Günter Rudolph verwies unter anderem auf die Drohschreiben mit der Unterschrift NSU 2.0, zu denen interne Polizeidaten verwendet wurden, sowie rechtsextreme Chats unter Polizisten. "Im Verantwortungsbereich des Innenministers häufen sich die Affären, Skandale und Merkwürdigkeiten weiter", erklärte Rudolph.

Wie eine solche Menge an Asservaten unterschlagen werden könne, ohne dass es auffalle, gehöre zu den drängenden Fragen, die der Innenminister nun "schleunigst beantworten" müsse. Rudolph verwies auch auf einen länger zurückliegenden Fall aus dem Frankfurter Polizeipräsidium, bei dem ein Beamter sich mit Drogen für den eigenen Bedarf versorgt habe.

Der Linke-Abgeordnete Hermann Schaus sprach von einem erneuten Polizei-Skandal, der fassungslos mache. Beuth müsse im Innenausschuss am kommenden Donnerstag erklären, warum dies erst jetzt bekannt werde, wohin die Waffen verkauft und warum ein Zusammenhang zum NSU-2.0-Skandal von Beginn an ausgeschlossen worden sei.

"Wenn sich die schweren Vorwürfe bewahrheiten sollten, muss dieser Mann dauerhaft aus dem Dienst entfernt werden", sagte Beuth in einer Stellungnahme zu dem Vorfall. Er kritisierte, dass im Polizeipräsidium Frankfurt offenkundig die festgeschriebenen innerbehördlichen Kontrollinstanzen im Umgang mit Asservaten versagt hätten.

"Entgegen der Vorschriften und dem sonst üblichen Umgang mit Waffenasservaten, haben dort rund um den mutmaßlich kriminellen Beamten wichtige Kontrollmechanismen nicht funktioniert oder gar keine Anwendung gefunden", sagte Beuth. Dies werde "mit Nachdruck" aufgearbeitet. Er habe den Inspekteur der Polizei beauftragt, gemeinsam mit der Internen Revision des Innenministeriums "die zutage getretenen Mängel im Polizeipräsidium Frankfurt unmittelbar zu untersuchen" und zu berichten, wie es dazu kommen konnte.

© dpa-infocom, dpa:210319-99-888938/5

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