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Kriminalität - Erfurt:Autofahrer soll Polizisten überfahren haben

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Erfurt (dpa/th) - Er soll nach einer Verfolgungsjagd in Apolda einem Polizisten übers Bein gefahren sein und ihn schwer verletzt haben: In einem Prozess wegen versuchten Mordes hat der Angeklagte am Freitag ausgesagt, den Beamten nicht gesehen zu haben. Dass er einen Menschen überfahren haben soll, habe er erst im Nachhinein erfahren, so der 40-Jährige vor dem Landgericht Erfurt.

Der verletzte Polizist schilderte unterdessen vor Gericht, dass er unter anderem in die geöffnete Scheibe der Fahrertür gegriffen, den Mann angeschrien habe und als Polizist erkennbar gewesen sei. Dann sei der Fahrer an einer Stelle rückwärts gefahren und habe ihn erwischt. "Ich habe mich gefühlt wie im Schleudergang in der Waschmaschine." Dann erst habe er realisiert, dass er überfahren und sein Bein schwer verletzt worden sei - später sei der Wagen noch einmal auf ihn zugefahren. Zudem zeigte er sich überzeugt, dass der Fahrer ihn habe sehen müssen.

Der Angeklagte berichtete im Prozess, er habe am Abend des Tattags im Juni 2020 eigentlich nur eine Freundin zum Bahnhof fahren wollen. Auf dem Weg dahin habe er dann einen Polizeiwagen und Signale zum Anhalten bemerkt. Angehalten habe er aber nicht.

"Ich bin in Panik geraten, ich war schon öfter ohne Führerschein gefahren und bin dabei erwischt worden und hatte Angst, ins Gefängnis zu müssen", sagte der Angeklagte. Zum Zeitpunkt der Tat sei er auch unter Bewährung gestanden. Zudem gab der Deutsche an, am Tattag Drogen genommen und Alkohol getrunken zu haben. Beim Vorwurf des versuchten Mordes brachte die Staatsanwaltschaft unter anderem an, der Mann habe verdecken wollen, dass er ohne Führerschein unterwegs gewesen sei.

Dem Polizeibericht von damals zufolge lieferte sich der Mann mit der Polizei eine Verfolgungsjagd, die in einer Sackgasse endete. Zuvor soll er laut Staatsanwaltschaft mindestens auch eine rote Ampel ignoriert haben. In der Sackgasse soll der Angeklagte dem Polizisten über das Bein gefahren sein - der damals 38 Jahre alte Beamte erlitt laut Gerichtssprecher einen Wadenbeinbruch und Prellungen.

Der Polizist berichtete weiter, er habe sich dann aus dem Gefahrenbereich geschleppt und in einiger Entfernung auf die Straße gelegt. Von dort habe er dann aber gesehen, dass der Wagen auf ihn zu fahre. Nur, weil er sich noch rechtzeitig zur Seite habe wegdrehen können, sei er nicht überfahren worden. Das vorbeifahrende Auto habe er noch am Rücken gespürt, so der Polizist. "Es war Glückssache, dass das ausgereicht hat."

Möglicherweise sei das Auto aber ein weiteres Mal über sein bereits verletztes Bein gefahren. Wegen des damaligen Schockzustands könne er das aber nicht mehr wirklich sagen. Er habe eine Warnweste getragen, als er auf der Straße lag, das Licht des Autos sei eingeschaltet gewesen. Der Fahrer habe ihn sehen müssen, so der Polizist. Er leide noch unter den Verletzungen. Abgesehen von Einschränkungen im privaten Bereich werde er möglicherweise nicht mehr in den aktiven Einsatzdienst zurückkehren können. Der Polizist ist in dem Verfahren auch Nebenkläger.

Der Angeklagte entschuldigte sich bei dem Polizisten: "Ich kann es mir nicht erklären, dass ich Sie nicht gesehen habe." Er hoffe, dass er trotz allem wieder genesen werde.

© dpa-infocom, dpa:210408-99-130868/6

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