Kriminalität - Dresden:Razzia zu Dresdner Fußball-Krawallen: Fünf Männer in U-Haft

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Jürgen Schmidt (l), Sprecher der Staatsanwaltschaft, und Polizeisprecher Thomas Geithner sprechen zu Journalisten. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Dresden (dpa) - Im Zuge der Ermittlungen zu den Krawallen am Rande eines Fußballspiels von Dynamo Dresden Mitte Mai sind bei einer großangelegten Razzia am Donnerstag fünf dringend Tatverdächtige festgenommen und zahlreiche Beweismittel gefunden worden. Zudem stellte sich ein Brandenburger, dessen Wohnung in Lauchhammer durchsucht wurde, am Nachmittag in Begleitung seines Verteidigers, wie Staatsanwaltschaft und Polizei mitteilten. Er und vier der Festgenommenen sind in Untersuchungshaft, ein Dresdner kam wieder auf freien Fuß.

Die sechs Männer im Alter von 20, 22, 23, 30, 31 und 33 Jahren aus Dresden, dem Raum Bautzen sowie Lauchhammer (Brandenburg) stehen unter dem Verdacht des Landfriedensbruchs und der gefährlichen Körperverletzung. Sie sollen bei den schweren Ausschreitungen vom 16. Mai am Rudolf-Harbig-Stadion eine aktive Rolle gespielt und Polizisten angegriffen sowie mit Glasflaschen und anderen Gegenständen beworfen haben. Sie sind unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft, vier von ihnen stehen unter Bewährung. Der 20- und der 23-Jährige haben die ihnen vorgeworfenen Taten gestanden.

Seit dem frühen Morgen wurden nach Angaben der Behörden insgesamt 56 Wohnungen, bis auf eine alle in Sachsen und die meisten in Dresden, durchsucht. Der Einsatz, an dem insgesamt 800 Beamte, die Hälfte davon Bundespolizisten, beteiligt waren, reichte auch bis zu Ortschaften im Raum Bautzen und Hoyerswerda, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Beamten stellten auch 53 Handys und Tablets, Kleidung wie Jacken und Pullover, größere Mengen Pyrotechnik wie "La Bomba" und Materialien sicher, die zu deren Herstellung verwendet werden könnten - Blitzknallersubstanz, Magnesiumpulver und Schwefel. Zudem wurden Granat- und Panzerfaust-Attrappen sowie ein als Schlüssel getarntes Messer gefunden.

Im Zusammenhang mit den Krawallen beim publikumsfreien Heimspiel von Dynamo Dresden gegen Türkgücü München (4:0) werde mittlerweile gegen insgesamt 70 Beschuldigte wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in besonders schwerem Fall ermittelt, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, Jürgen Schmidt. Die Männer und eine Frau seien zwischen 15 und 52 Jahren alt und lebten in Dresden und Umland. Nach 19 weiteren von ihnen wird öffentlich mit Bildern aus Videokameras gefahndet wird, 21 sind bereits identifiziert. Bis auf einen Mann, der bei einer Kontrolle gefasst wurde, stellten sie sich.

Am 16. Mai hatten sich Tausende Menschen im nahegelegenen Großen Garten eingefunden, um den Aufstieg der Mannschaft in die 2. Bundesliga zu feiern. Über 500 gewaltbereite Fans griffen Polizisten mit Pyrotechnik an, zudem flogen Flaschen und Steine auf Beamte. 185 Beamte wurden verletzt, darunter 49 von der Bundespolizei, sagte Schmidt. 30 waren zeitweise dienstunfähig und 6 im Krankenhaus.

"Ein derartiger Gewaltexzess bedarf einer konsequenten Antwort des Rechtsstaates, diese Antwort ist heute erfolgt", sagte der Oberstaatsanwalt. Und es werde nicht die letzte in diesem Verfahren sein. Die Staatsanwaltschaft hat zudem gegen das erste Urteil im Zusammenhang mit den Vorfällen Berufung eingelegt. Ein Amtsrichter hatte am Mittwoch im Zuge eines beschleunigten Verfahrens wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Widerstands und Beleidigung zehn Monate Freiheitsstrafe gegen einen 34-Jährigen verhängt und diese zur Bewährung ausgesetzt. Der vorbestrafte Dresdner hatte vor Gericht den Tritt aus vollem Lauf in den Rücken eines Polizisten sowie Kopfstöße gegen zwei weitere Beamte, die ihn festnahmen, zugegeben und Reue gezeigt. Die Staatsanwaltschaft hatte auf elf Monate ohne Bewährung plädiert - und strebt laut Schmidt die "unbedingte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe" an.

Zweitligist Dynamo will "seinen Teil zu den Ermittlungen beitragen", sagte der kaufmännische Geschäftsführer Jürgen Wehlend. "Denn wir haben ein großes Interesse daran klarzustellen, dass Dynamo Dresden anders ist als das, was da passiert ist." Straftäter müssten ermittelt und verurteilt werden. Der Verein werde den Prozess unter anderem durch Stadionverbote weiter begleiten. Wehlend regte zudem die Gründung eines Beirates an, in dem alle gesellschaftlichen Akteure in einen Dialog treten. "Ich meine damit aber Fußballfans, nicht Gewalttäter. Die muss man ausgrenzen."

© dpa-infocom, dpa:210722-99-482169/3

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