Kriminalität - Bad Iburg:Tierquälerei im Schlachthof: Transportfahrer verurteilt

Bad Iburg
Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa (Foto: dpa)

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Bad Iburg (dpa/lni) - Der junge Mann sitzt betreten neben seiner Verteidigerin. Sein Blick geht zu Boden. Der 24-Jährige muss sich an diesem Montag für eine Gelegenheitsarbeit vor Gericht verantworten, die er vor mehr als zwei Jahren übernommen hatte. Damals fuhr er im Auftrag seines Vaters, eines Transportunternehmers, eine Kuh von einem Bauernhof in Salzbergen zu einem Schlachthof in Bad Iburg. Tierschützer filmten damals heimlich die Auslade-Arbeiten in dem Schlachthof und hielten Fälle von Tierquälerei fest. Eine Geldstrafe von 300 Euro muss er nach dem Urteil des Amtsgerichts nun zahlen. Einen weiteren Tiertransportfahrer verurteilte das Gericht am Montag wegen vergleichbarer Taten in anderen Fällen zu einer Geldstrafe von 1750 Euro. (AZ.: 23 Cs 475/20, 23 Cs 448/20, 23 Cs 352/20)

Mehrere Dutzend Ermittlungsverfahren hatte die zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft Oldenburg eingeleitet, nachdem eine Tierschutzorganisation ihr das Videomaterial zur Verfügung gestellt hatte. Die Auswertung zog sich über Monate hin. Neben Tiertransportfahrern, Landwirten und Verantwortlichen des Schlachthofs gehören auch Tierärzte zu den Beschuldigten in dem Ermittlungskomplex. Der Schlachthof selber wurde kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe vom Landkreis Osnabrück geschlossen. Insgesamt sind beim Amtsgericht Bad Iburg bislang 25 Verfahren anhängig, bei fünf gibt es eine rechtskräftige Entscheidung, sagte eine Sprecherin.

An diesem Montag mussten sich insgesamt drei Fahrer von Tiertransporten vor dem Einzelrichter in Bad Iburg verantworten. Die Vorwürfe sind alle ähnlich: Sie sollen im August und September 2018 Rinder zum Bad Iburger Schlachthof gefahren haben, obwohl diese wegen Erkrankungen oder Verletzungen gar nicht mehr transportfähig gewesen seien. Den Fahrern seien die Verletzungen der Tiere bekannt gewesen und sie hätten die Schmerzen beim Transport und dem Entladen billigend in Kauf genommen, so die Anklagen.

Das dritte Verfahren gegen einen selbstständigen Viehhändler, der laut Anklage einen transportunfähigen Jungbullen aus dem Kreis Nienburg zu dem Schlachthof gebracht haben soll, wurde am Nachmittag ausgesetzt. Die Sachverständige hatte Aufnahmen verschiedener Anlieferungen dieses Händlers begutachtet. Nun will der Richter erst klären, ob es noch mehr Verfahren gegen diesen Angeklagten gibt und ob diese beigezogen werden sollen.

Auch in dem Fall des jungen Mannes ging es im Kern um die Frage, ob er schon beim Aufladen hätte erkennen können, dass die Kuh unter Schmerzen litt und damit nicht mehr transportfähig war. Sie sei beim Aufladen auf dem Bauernhof selber in den Anhänger gegangen, sagte er. Die Sachverständige hielt das für unglaubwürdig. Eine Stunde dauert die Fahrt von Salzbergen nach Bad Iburg - in dieser Zeitspanne verschlechtere sich der Zustand des Tieres nicht so stark.

Auch eine Tierärztin, die die Kuh einen Tag zuvor auf dem Bauernhof untersucht hatte, war als Zeugin geladen. Sie hatte einen Darmverschluss diagnostiziert und dem Landwirt einen "Rat zur Verwertung" gegeben. "Das Tier hätte noch am selben Tag getötet werden müssen", sagte die Veterinärin. Wäre das Tier da schon in dem Zustand gewesen, wie auf den Videobildern zu sehen, hätte es sofort getötet werden müssen.

In der Folge glaubte der Richter dem inzwischen studierenden jungen Mann nicht, dass ihm der schlechte Zustand des Tieres bei Fahrtbeginn nicht aufgefallen sei. "Sie sind für den Zustand des Tieres verantwortlich", sagte er ihm. Eine spezielle Schulung für Tierfahrten habe er nie bekommen, sagte der Angeklagte. Der Vater als Unternehmer habe die Verantwortung wohl auf seinen unwissenden Sohn abgeschoben, bemerkte dazu der Richter.

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