Krieg in Libyen:Rebellen rücken vor

Lesezeit: 3 min

Die Aufständischen haben die Städte Adschdabija und Brega wieder eingenommen - und sie könnten bald neue Waffen bekommen: Obama überlegt, die Rebellen aufzurüsten. USA und Nato einigen sich unterdessen auf eine Übergabe des Kommandos.

Auf dem Weg nach Tripolis: Die Aufständischen in Libyen haben am Samstag nach Medienberichten die strategisch wichtige Stadt Adschdabija eingenommen und kommen der Hauptstadt wieder näher. Ein BBC-Reporter am Schauplatz des Geschehens sagte, die Angriffe der westlichen Militärallianz auf Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi in der Nacht zuvor hätten das Vorrücken der Aufständischen ermöglicht. Diese würden nun die Stadt nach eventuell zurückgelassenen Soldaten und Heckenschützen der Gaddafi-Truppen durchsuchen. Auch die Ölstadt Brega im Osten des Landes befinden sich nach Angaben der Rebellen wieder in ihrer Hand.

"Danke, USA" - die Luftangriffe der Alliierten helfen den Rebellen, die Stadt Adschdabija ist nach Angaben der BBC wieder in ihrer Hand. (Foto: dpa)

Im Sender waren auch Bilder von zerstörten Panzern und Militärfahrzeugen der Gaddafi-Truppen zu sehen. Adschdabija, 160 Kilometer südlich von Bengasi, war seit Beginn der westlichen Militäroperationen vor einer Woche umkämpft. Die Stadt liegt an der Front, die den von Gaddafi und den von den Regimegegnern kontrollierten Landesteil voneinander trennt.

Die Luftangriffe der internationalen Militärallianz haben nach Angaben des libyschen Gesundheitsministeriums bisher mindestens 114 Todesopfer gefordert, 445 Menschen seien verletzt worden, sagte ein Ministeriumsmitarbeiter. Bei wievielen der Opfer es sich um Zivilisten handele, sagte er nicht: Es sei nicht die Aufgabe seines Ministeriums, zwischen Soldaten und Zivilisten zu unterscheiden.

"Wir sind im Zentrum von Brega", sagte der Rebellenkämpfer Abdelsalam el Maadani am Samstag per Telefon der Nachrichtenagentur AFP. Brega liegt 80 Kilometer westlich der strategisch wichtigen Ölstadt Adschdabija, die ebenfalls am Samstag von den Rebellen zurückerobert wurde. "Gaddafis Truppen ziehen sich zurück und dürften nun in El Bischer (30 Kilometer) westlich von Brega sein", sagte el Maadani. "Die Rebellen bewegen sich ebenfalls in diese Richtung."

Die libyschen Rebellen hatten sich am 13. März nach schwerem Beschuss durch Gaddafis Truppen aus Brega zurückgezogen. Die Regierung verkündete am folgenden Tag die Vertreibung "bewaffneter Banden" aus der Stadt.

Die Aufständischen könnten unter Umständen schon bald Waffen aus dem Westen erhalten: Die USA und ihre Verbündeten erwägen einem Zeitungsbericht zufolge, Waffen in die Rebellengebiete zu liefern. US-Präsident Barack Obama sei der Ansicht, dass die UN-Resolution zur militärischen Durchsetzung der Flugverbotszone in Libyen eine solche Unterstützung der libyschen Opposition ermögliche, berichtete die Washington Post unter Berufung auf Regierungsvertreter aus den USA und Europa. Frankreich unterstütze überdies Überlegungen, die Gegner von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi militärisch auszubilden und auszurüsten.

Die Militärschläge des Westens gehen unterdessen weiter: Das internationale Bündnis griff am Samstag libysche Bodentruppen und andere Ziele entlang der Mittelmeerküste und in Tripolis, Misrata und Adschdabija an. Das teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Der Alliierte Frankreich hat nach Aussagen eines Militärsprechers sieben Flugzeuge des libyschen Machthabers Gaddafi zerstört. Die Maschinen hätten sich am Boden auf dem Luftstützpunkt in Misrata befunden, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Zudem seien zwei Helikopter zerstört worden.

Nato übernimmt Kommando

Der aus Tripolis abgezogene US-Botschafter für Libyen, Gene Cretz, sagte dem Bericht zufolge, die Regierung erörtere "die volle Bandbreite" möglicher Hilfsangebote an die libysche Opposition. Eine Entscheidung sei jedoch noch nicht gefallen. Obama will Anfang kommender Woche in einer Rede an die Nation seine Libyen-Strategie darlegen, wie das Weiße Haus in Washington mitteilte. In der Ansprache in der Washingtoner National Defense University wolle der Präsident die US-Bürger über die bisherigen Fortschritte des internationalen Militäreinsatzes in Libyen sowie über die Libyen-Politik der USA in der kommenden Zeit informieren. Am Freitag hatte Obama bereits führende Mitglieder des US-Kongresses unterrichtet. Zuvor war kritisiert worden, dass der US-Präsident die Strategie und die Ziele des Militäreinsatzes nicht deutlich erläutert habe. Auch die geplante Übergabe des Einsatzkommandos an die NATO will Obama erläutern.

Das Verteidigungsbündnis wird in Kürze die Leitung aller internationalen Militäraktionen in Libyen übernehmen. Man habe sich auch über das Kommando zum Schutz der Zivilbevölkerung vor dem Regime des Machthabers Muammar al-Gaddafi geeinigt, sagte US-Regierungssprecher Jay Carney in Washington. Allerdings müssten noch militärische Details geklärt werden.

Man erwarte, dass die Angelegenheit "in den nächsten paar Tagen unter Dach und Fach sein wird,", meinte Carney vor Journalisten im Weißen Haus. "Es gibt eine Einigung." Zunächst hatte die "Koalition" am späten Donnerstagabend lediglich beschlossen, das Kommando zur Überwachung der Flugverbotszone von den USA an die Nato zu übergeben. Über das Kommando zum Schutz der Zivilbevölkerung gab es dagegen zunächst keine Einigung.

Unterdessen wurde bekannt, dass ein Sohn des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi vor wenigen Wochen militärische Einrichtungen in den USA besucht hat. Chamis al-Gaddafi habe im Rahmen eines Praktikums vier Wochen in den Vereinigten Staaten verbracht, erklärte ein Mitarbeiter des Technologieunternehmens AECOM. Dazu gehörten unter anderem Besuche der Akademie der Luftwaffe und des National War College.

Der Senior Vice President von AECOM, Paul Gennaro, erklärte am Freitag, das US-Außenministerium habe die Pläne gebilligt und Chamis al-Gaddafi als Reformer betrachtet. Aus Ministeriumskreisen verlautete, der Gaddafi-Sohn sei lediglich am Flughafen abgeholt worden.

© dapd/dpa/AFP/mob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Sieben Tage Krieg in Libyen
:Odyssee mit Mandat

Gaddafis Truppen stehen kurz vor der Rebellenhochburg Bengasi, da beginnt der internationale Militäreinsatz: Die Allierten können den Vormarsch stoppen - doch ihr Ziel ist trotz UN-Resolution unklar.

in Bildern

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: