SZ-Kolumne „Bester Dinge“:Wo die Physik im SZ-Kreuzworträtsel steckt

Lesezeit: 1 Min.

Manche halten Kreuzworträtsel für banal. Was für ein Fehler, wie ein SZ-Leser nun bewiesen hat. (Foto: SZ)

Ein SZ-Leser versucht sich an einem Kreuzworträtsel – und macht daraus eine wissenschaftliche Fachpublikation. Die Erkenntnis lauert überall.

Von Marlene Weiß

Alexander Hartmann ist, wie er ausdrücklich in einer sehr netten Mail schreibt, eigentlich kein Fan von Kreuzworträtseln. Als er aber ausnahmsweise über eines auf der Website der SZ stolperte, wollte er dieses auch lösen. Auf seine Art. Hartmann, kein Kreuzworträtselfan zwar, dafür aber Physikprofessor an der Universität Oldenburg, arbeitete systematisch und bemühte sich, zunächst einen zusammenhängenden Weg gelöster Wörter vom linken zum rechten Rand des Rätsels zu finden.

Das ist ein Muster, dem man als Physiker öfter begegnen kann: Es lässt sich als Perkolationsproblem betrachten. Bei diesen Problemen geht es darum, wie sich Dinge einen Weg durch ein System bahnen können; Feuer durch Wald, Virus durch Menschengruppe, Wasser durch porösen Stein. Das Interessante an solchen Systemen ist, dass sie sich sehr ähneln. Wenn die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das Feuer von einem Baum zum nächsten kommt – etwa weil das Unterholz austrocknet –, gibt es einen Phasenübergang. Aus einzelnen Brandherden kann dann ein Großbrand werden, das System kippt von undurchlässig zu durchlässig. Wie genau dieser Übergang abläuft, hängt ebenfalls von wenigen Eigenschaften des Systems ab.

Und Kreuzworträtsel? Bei einem leichten Rätsel findet sich schnell ein Weg von Lösung zu Lösung durch das Gitter, bei einem zu schweren endet jede Einzelantwort im Nichts, dazwischen liegt der Phasenübergang. Aber es gibt eine Besonderheit: Wie auch Nicht-Kreuzworträtselfans sich denken können, machen es gelöste Wörter im Gitter wahrscheinlicher, auf angrenzende Lösungen zu kommen. Nach etwas Mühe – vermutlich mehr, als üblicherweise für ein Kreuzworträtsel verwendet wird – konnte Alexander Hartmann zeigen, dass diese Eigenschaft Kreuzworträtsel von den einfacheren Perkolationsproblemen unterscheidet. Sie gehören zu einer anderen „Universalitätsklasse“.

Dieses Ergebnis hat Hartmann inzwischen im Fachblatt (für Physik, nicht für Kreuzworträtsel) Physical Review E veröffentlicht. Was wieder mal ein Beleg für zwei Dinge ist: Kreuzworträtsel lösen bildet. Und die SZ – sorry, liebe FAZ – hat einfach die klügsten Leser.

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