Kommunen - Frankfurt am Main:Der Countdown läuft: Entscheidung über Feldmann rückt näher

Abwahl
Peter Feldmann, Oberbürgermeister von Frankfurt. Foto: Boris Roessler/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Frankfurt/Main (dpa) - Sehr viele Frankfurter Bürgerinnen und Bürger dürften schon bald Post in ihrem Briefkasten finden. Denn in sechseinhalb Wochen entscheiden sie über die Zukunft ihres umstrittenen Oberbürgermeisters Peter Feldmann (SPD). "In der Zeit ab dem 26. September bis 16. Oktober 2022 werden die Abstimmungsbenachrichtigungen mit der Post zugestellt", sagte Stefan Köster vom Bürgeramt Statistik und Wahlen am Mittwoch. Briefwahlunterlagen könnten schon jetzt online beantragt werden, ergänzte die zuständige Dezernentin Eileen O’Sullivan (Volt).

Teilnehmen können Deutsche und EU-Staatsbürger, die am Abstimmungstag - also am 6. November - 18 Jahre alt sind und seit mindestens sechs Wochen ihren Hauptwohnsitz in Frankfurt haben. Zur Einordnung: Am 30. Juni waren das rund 510.000 Menschen.

Bei dem Bürgerentscheid müssen 30 Prozent der am Abstimmungstag Wahlberechtigten gegen Feldmann stimmen, der wegen diverser Fehltritte massiv in der Kritik steht. Mit Blick auf die zuletzt erhobenen Zahlen wären das etwas mehr als 150.000. Angesichts niedriger Wahlbeteiligungen bei kommunalen Entscheidungen könnte die Abwahl an dieser Vorgabe scheitern. Bei der Stichwahl und Feldmanns Wiederwahl 2018 hatten insgesamt nur 30,2 Prozent ihre Stimme abgegeben.

Zweieinhalb Wochen vor dem Votum - Mitte Oktober - beginnt vor dem Landgericht Frankfurt der Prozess gegen Feldmann wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Es geht dabei um seine enge Beziehungen zur Arbeiterwohlfahrt (Awo). Zudem hatte der OB Sympathien verspielt, etwa als er im Mai den Europapokal der Frankfurter Eintracht an sich riss und in einem Flugzeug sexistische Sprüche auf Kosten der Stewardessen klopfte.

Seit vielen Wochen fordern fast alle Parteien im Römer Feldmann Rücktritt, auch die SPD. Feldmann hatte angeboten, eine Abwahl Ende Januar 2023 zu akzeptieren. So lange wollten die Stadtverordneten nicht warten und leiteten im Juli ein Abwahlverfahren ein. Dies hatte der OB allerdings nicht angenommen - und nun sind die Bürgerinnen und Bürger gefragt. Den Steuerzahler kommt das Votum teuer zu stehen. So werden die Kosten auf etwa 1,6 Millionen Euro geschätzt.

Und was macht der OB selbst in diesen Tagen? Vor der Sommerpause hatte Feldmann angekündigt, sich bei öffentlichen Auftritten zurückzuhalten. Im September war es damit vorbei. Gleich der erste Termin sorgte für Irritation im Römer: Feldmann stellte das - noch recht vage - Programm des Paulskirchen-Jubiläums 2023 vor, obwohl er zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr im Amt wäre, wenn er wie versprochen spätestens im Januar ausscheidet.

Auch die Eröffnung der Frankfurter "Dippemess" nebst anschließendem Gespräch mit Schaustellern ließ sich Feldmann nicht nehmen. Die Fotos des begeistert lachenden OB in diversen Fahrgeschäften sorgten für süffisante Bildunterschriften ("Schleudersitz").

Dass Feldmann beim Empfang der Frauenfußball-Nationalmannschaft noch in Urlaub war, dürfte manche erleichtert haben - den Pokal-Raub tragen viele Fußball-Fans dem OB nach. Auch international ist das umstrittene Stadtoberhaupt inzwischen wieder unterwegs. Feldmann reiste am vergangenen Samstag mit einer Delegation in die israelische Partnerstadt Tel Aviv. An diesem Mittwoch wurde er zurückerwartet.

Derweil laufen im Bürgeramt Statistik und Wahlen die Vorbereitungen für den Bürgerentscheid auf Hochtouren. So gehe es derzeit etwa darum, 4600 ehrenamtlichen Wahlhelfer zu finden und Materialen für 199 Briefwahlvorstände bereitzustellen, hieß es. Den Briefwählern werde empfohlen ihre Unterlagen rechtzeitig in die Post zu werfen, da es keine außerplanmäßige Leerung der gelben Briefkästen am Abstimmungswochenende geben werde. Mit ersten Ergebnissen am Wahlabend rechnen die Organisatoren ab 18.30 Uhr. Das endgültige Ergebnis wird demnach durch den Gemeindewahlausschuss am 11. November festgestellt.

© dpa-infocom, dpa:220920-99-836100/6

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