Kommunen - Berlin:Berliner Grüne rücken von Bezirksbürgermeister von Dassel ab

Kommunen - Berlin: Das Logo der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen im Deutschen Bundestag. Foto: Michael Kappeler/dpa/Symbolbild
Das Logo der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen im Deutschen Bundestag. Foto: Michael Kappeler/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa/bb) - In der Affäre um womöglich unzulässige Einflussnahme bei der Besetzung einer Verwaltungsstelle wird die Luft für den grünen Bezirksbürgermeister in Berlin-Mitte, Stephan von Dassel, zusehends dünner. Nach den Grünen auf kommunaler Ebene rückte nun auch die Landespartei von ihm ab. Der Grünen-Landesverband stellte sich demonstrativ hinter den Beschluss der Grünen-Fraktion im Bezirksparlament, die von Dassel zum Rücktritt aufgefordert und andernfalls einen Abwahlantrag in Aussicht gestellt hatte.

"Wir halten diese Beschlüsse für richtig und gehen davon aus, dass ihnen Folge geleistet und dafür ein zügiger Zeitplan vorgelegt wird", sagte ein Sprecher der Landespartei am Donnerstag. "Darüber hinaus muss eine lückenlose Aufklärung des Vorgangs stattfinden." Zuerst hatte der "Tagesspiegel" über die neue Entwicklung berichtet.

Von Dassel soll versucht haben, einen bei der Stellenbesetzung unterlegenen Bewerber mit Hilfe einer Geldzahlung davon abzubringen, gegen die Entscheidung zu klagen. Der Bezirksbürgermeister bestritt ein privates Geldangebot, räumte aber auch Fehler ein.

Die Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hatte von Dassel am Montag mit knapper Mehrheit das Vertrauen entzogen. Nach Angaben der BVV-Geschäftsstelle will das Bezirksparlament am 25. August und 8. September zu Sondersitzungen zusammenkommen, um zunächst in erster Lesung und dann abschließend über von Dassels Abwahl zu beraten. Für eine Abwahl zeichnet sich eine große Mehrheit ab.

Von Dassel hatte Anfang der Woche bei der Berliner Senatskanzlei die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich beantragt. Er verbinde damit die Hoffnung, dass der Sachverhalt neutral untersucht und er vom Verdacht eines Dienstvergehens entlastet werde, hieß es dazu aus seinem Büro. Von Rücktritt war bisher keine Rede.

Der 1967 geborene von Dassel gehört zu den profiliertesten Bezirkspolitikern der Grünen in Berlin. Seit 2016 fungiert er als Bürgermeister in Mitte, dem mit rund 390 000 Einwohnern zweitgrößten von zwölf Berliner Bezirken.

Bei der nun in Rede stehenden Stellenbesetzung geht es um die Leitung des sogenannten Steuerungsdienstes im Bezirksamt Mitte, einer Schlüsselposition in der Verwaltung. Sie wurde Ende 2021 an einen Lokalpolitiker der Grünen vergeben, den von Dassel kannte. Ein unterlegener Mitbewerber klagte, so dass die Stelle monatelang vakant war. Ende April wurde das Stellenbesetzungsverfahren nach Hinweisen eines Gerichtes dann noch einmal neu aufgerollt.

Zuvor verfolgte von Dassel nach eigener Darstellung die Idee einer "öffentlich-rechtlichen" außergerichtlichen Einigung mit dem unterlegenen Bewerber. Später brachte er die Möglichkeit einer privaten Einigung ins Spiel - um einen langwierigen Rechtsstreit zu verhindern und die Stelle schnell besetzen zu können, wie er sagt.

Offen ist, was das Angebot einer privatrechtlichen Einigung konkret bedeutete. Ein angebliches Geldangebot sollen SMS-Nachrichten belegen, aus denen Medien zitierten, sowie Äußerungen dieser Person. Unbestätigten Angaben zufolge ging es um drei Monatsgehälter - zusammen eine fünfstellige Summe.

Von Dassel hatte dazu der Deutschen Presse-Agentur gesagt: "Falsch ist, dass ich irgendjemandem konkret Geld angeboten haben soll." Vielmehr habe der unterlegene Bewerber Geld verlangt. "Dass ich mal eine private Einigung in den Raum gestellt habe, ist sicherlich ein Fehler gewesen", so der Grünen-Politiker vor einigen Tagen.

© dpa-infocom, dpa:220818-99-428478/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: