Dass Kulturministerinnen und Kulturminister weltweit unter einer sehr besonderen Beobachtung stehen, das geht schon in Ordnung. Wer für die Theater, Filmfestivals, Konzert- und Opernhäuser und Museen eines Landes eintritt, wer den literarischen, bildnerischen, cinematografischen und musikalischen Wertekanon einer gesamten Nation repräsentiert, der muss anders bewertet werden als der Willi vom Schützenfest.
Und so geschieht es dem italienischen Kulturminister Gennaro Sangiuliano schon recht, wenn man ihm nun den Fauxpas vorhält, welcher ihm gerade auf einem Literaturtreffen auf Sizilien passierte: Dort meinte Sangiuliano, dass Christoph Kolumbus einst die Erde „auf Grundlage der Theorien von Galileo Galilei“ umrunden wollte. Tragisch an der Geschichte ist, dass Kolumbus, der 1492 in Amerika landete, bereits 1506 starb – also knapp 58 Jahre vor der Geburt von Galilei. Man könnte über derlei locker hinwegsehen – wer ohne Fehler ist, werfe bitte den ersten Stein! –, wenn nicht Sangiuliano, ein ebenso parteiloser wie sehr rechtskonservativer Ex-Journalist sowie Autor von Sachbüchern über Wladimir Putin, Donald Trump und Xi Jinping, schon öfter gestolpert wäre. Die Bücher, für die der Kulturminister kürzlich in einer Jury für den Strega-Preis, immerhin Italiens wichtigsten Literaturpreis, abgestimmt hatte, hatte er, das deutete er in einem Interview an, überhaupt nicht gelesen. Und über die englische Hauptstadt meinte er mal: „Wenn man an London denkt, denkt man an den Times Square.“ Nun, natürlich gibt es Leute, die bei London an den Times Square denken. Aber die denken bei Galileo wahrscheinlich an ein WM-Maskottchen. In diesem Sinne: Forza Italia! Und alles Gute fürs Achtelfinale. Unser sympathischer gesamtdeutscher Kulturträger, das freudige, die Nation von Goethe und Bach verkörpernde EM-Maskottchen Albärt beschütze euch!