Kölner Katastrophe:Neues Stadtarchiv soll in fünf Jahren stehen

Neubau nach dem Einsturz: Die Stadt Köln will ein neues Archiv errichten. Unterdessen hat die Umweltdezernentin Bau-Verstöße eingeräumt.

Schwere Vorwürfe: Beim Bau der U-Bahn in der Nähe des eingestürzten Kölner Stadtarchivs hat es offenbar massive Verstöße gegen Auflagen der Stadt gegeben. Umweltdezernentin Marlies Bredehorst sagte am Sonntag, die beauftragten Firmen hätten an der Baustelle Waidmarkt seit vergangenem September 15 statt der genehmigten vier Brunnen gebaut.

Kölner Katastrophe: Die Kölner machen ihrem Unmut an der Einsturzstelle Luft.

Die Kölner machen ihrem Unmut an der Einsturzstelle Luft.

(Foto: Foto: ddp)

Damit sind die Vorgaben in großem Ausmaß ignoriert worden. Für den U-Bahn-Bau sind die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) zuständig, die wiederum ebenfalls der Stadt gehören. Zudem sei die pro Stunde genehmigte Wasserumschlagsmenge überschritten worden, bereichtete Dezernentin Bredehorst.

Medienberichten zufolge wussten die KVB und die Baufirmen seit längerem von ernsten Problemen bei der Grundwasser-Ableitung an der Baustelle. Unmittelbar vor dem Einsturz des Stadtarchivs soll es an der U-Bahn-Baustelle dann einen massiven Wassereinbruch gegeben haben.

Unterdessen teilte das städtische Presseamt mit, dass bereits in fünf Jahren in der Stadt ein neues Archivgebäude errichtet werden soll: "Die Stadt Köln geht davon aus, dass die Sicherung der Archivalien bis zu fünf Jahre dauert", hieß es in der Mitteilung weiter.

Ein neu eingerichteter Koordinierungsstab solle "unverzüglich die Schritte zum Neubau eines Archivgebäudes einleiten, das in fünf Jahren stehen soll", hieß es weiter. Knapp zwei Wochen nach dem Einsturz des Stadtarchivs waren erstmals Verstöße beim nahe gelegenen U-Bahn-Bau bestätigt worden.

Fehler zurückgewiesen

Beim Einsturz des Archivs und anliegender Gebäude wurden vor knapp zwei Wochen zwei Menschen getötet und Archivalien im Wert von mehreren Millionen Euro zerstört oder beschädigt.

Dagegegen hat Bauderzernent Bernd Streitberger im Zusammenhang mit dem Einsturz des Stadtarchivs angebliche Fehler beim Bau der Nord-Süd-Bahn zurückgewiesen. An dem Verfahren der Baufirmen gebe es nichts "zu kritisieren", sagte er. Es sei jenes Verfahren ausgewählt worden, das sich für den betroffenen Bereich als am geeignetsten erwiesen habe.

Streitberger reagierte damit auf Vorwürfe des ehemaligen Kölner Baudezernenten Bela Dören, der die Stadtspitze und die Kölner Verkehrsbetriebe wegen des U-Bahn-Baus kritisiert hatte. Die Verfahren und Techniken beim Bau der Nord-Süd-Bahn im Grundwasserbereich seien "eindeutig risikobehaftet" und bei vorangegangenen U-Bahn-Bauten in der Stadt nicht angewendet worden, hatte Dören gesagt.

Ursache weiter unklar

Er könne nicht verstehen, so Dören, weshalb bei den Arbeiten im Grundwasserbereich nicht die erprobten Verfahren wie Unterwasser-Beton oder Gefriertechniken angewandt worden seien. Stattdessen habe sich der Bauherr KVB dazu entschieden, das Grundwasser abzupumpen. Dies aber sei möglicherweise die Ursache für Bodenverschiebungen und einen sogenannten "hydraulischen Grundbruch", der mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Archiv-Einsturz geführt habe.

Nach Angaben des KVB ist die Ursache für den Einsturz des Stadtarchivs weiter unklar. Man wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen und habe ein großes Interesse daran, die Frage der Ursache schnell zu klären, erklärte KVB-Vorstand Walter Reinarz.

Fast zwei Wochen nach dem Einsturz des Archivs und der Bergung von zwei Toten beendet der Krisenstab seine Arbeit. Für die weiteren Aufgaben werde ein Koordinierungsstab eingerichtet, sagte Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) am Sonntag in Köln. Das Graben nach wertvollem Archivgut unter den Trümmern wurde auf Hochtouren fortgesetzt. Unter den geretteten Fundstücken war auch die zweite der beiden seltenen mittelalterlichen Handschriften des Philosophen Albertus Magnus.

Häuser werden geprüft

Die Ursache für den Einsturz ist unterdessen noch immer unklar. Das erklärte am Sonntag in Köln der Vorstand der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), Walter Reinarz. Für eine Klärung des Unfallhergangs fehlten Unterlagen der ausführenden Baufirmen. Die Bauarbeitsgemeinschaft für den U-Bahn-Bau sei eine Auskunft bislang schuldig geblieben. Zwar gebe es erste Hinweise auf die Unfallursache, jedoch wolle man "Spekulationen" nicht nachgehen.

Der Vorstand räumte einen "großen Imageverlust" für die KVB ein. "Wir werden alles tun, dass das Vertrauen wieder hergestellt wird", sagte Reinarz. Das gelte auch für den Bau der Nord-Süd-Bahn. So soll für die Betroffenen nach KVB-Angaben eine weitere Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Auch werde zur Zeit entlang der geplanten U-Bahn-Trasse die Statik von Gebäuden überprüft. Mehr als 200 Anwohner hatten entsprechende Gutachten für ihre Häuser angefordert.

In der kommenden Woche soll unter anderem die Sicherheit der Kölner Philharmonie, des Museum Ludwigs und des Römisch-Germanischen Museums überprüft werden.

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