Köln:Wenn "Bürgerwehren" Hetzjagden veranstalten

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Kölner Hooligans verabreden sich und attackieren Ausländer. Jetzt will die Polizei reagieren.

Von Kristiana Ludwig, Köln

In Köln sind am Sonntagabend mindestens zwölf mehrheitlich ausländische Menschen wohl von Angehörigen der rechtsextremen Rocker- und Türsteherszene angegriffen worden. Es handele sich um "Bewegungen von Menschen, die glauben, sie müssten das Recht in die eigenen Hände nehmen", sagt der Leiter der Kriminalitätsdirektion der Kölner Polizei, Norbert Wagner.

Über Facebook hatten sich ihm zufolge drei verschiedene Gruppen zu sogenannten gewaltfreien Spaziergängen verabredet, um auf die Überfälle am Silvesterabend am Kölner Hauptbahnhof zu reagieren. Während es am Montag ruhig blieb, kam es am Sonntag laut Polizei zu vier "fremdenfeindlichen Straftaten". Hier hätten gezielt Leute über soziale Netzwerke geplant, auf augenscheinlich "nichtdeutsche Menschen" loszugehen, sagte Wagner. "Es ist ein alarmierendes Signal, dass wir sehr ernst nehmen."

Muslime erleben "eine neue Dimension des Hasses"

Gegen 18.40 Uhr musste ein Schwarzer vor etwa 25 Angreifern flüchten und suchte in der Nähe des Bahnhofs Schutz bei einer Gruppe aus sechs Pakistanern. "Ruft die Polizei", habe der Mann gerufen. Die Verfolger gingen auf sie los, schlugen und traten sie, zwei der Männer mussten anschließend im Krankenhaus behandelt werden. Wenige Minuten später wurde ein 39 Jahre alter Syrer auf einem Bahnsteig von acht Personen verprügelt.

Auf dem Domplatz wurden drei Männer aus Guinea mit einer Flasche attackiert, ein 19-Jähriger wurde verletzt. In Domnähe schlugen um 19.30 Uhr Angreifer auf einen ebenfalls 19-jährigen Syrer ein. Laut Polizei sind 15 deutsche Männer festgehalten worden, die mit dem Angriff auf die Pakistaner in Verbindung stehen könnten. Ermittelt wird wegen schwerer Körperverletzung, konkrete Tatverdächtige gebe es aber nicht. Insgesamt hätten Beamte am Sonntagabend 153 Personen überprüft und 199 Platzverweise erteilt.

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Vier Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. 13 Personen seien der Polizei bereits durch rechtsextreme Straftaten bekannt, 16 von ihnen stammten aus der Türsteherszene und zwei seien Mitglieder der Hells Angels gewesen. Alle Verdächtigen sollen aus der unmittelbaren Umgebung von Köln stammen.

Eine Vertreterin der Antifaschistischen Koordination Köln und Umland, die am Sonntag am Hauptbahnhof war, will eine Gruppe von mindestens 40 Hooligans ausgemacht haben, die in und vor dem Bahnhofsgebäude unterwegs waren. Am Samstag hatte die Kölner Polizei eine Kundgebung von Hooligans und Rechtsextremisten aufgelöst. Die Beamten waren aus der Menge der 1700 Demonstranten immer wieder mit Flaschen, Knallkörpern und Steinen beworfen worden. Am Sonntag sei man "mit starken Kräften" in der Innenstadt präsent gewesen, sagt die Polizei.

Auch auf der Facebookseite einer selbsternannten "Kölner Bürgerwehr" wurde am Sonntag zu den Streifzügen durch die Innenstadt aufgerufen. "2 Platz verweise in 2 Stunden ist doch ne gute Bilanz", schrieb dort im Anschluss ein junger Mann. Laut Wagner von der Kölner Polizei habe man jedoch nur "begrenzte Möglichkeiten", Täter über die sozialen Netzwerke zu identifizieren. Schließlich seien viele Profile dort gefälscht. Er gehe aber davon aus, dass die Gruppierungen auch im Zusammenhang mit gewissen Fußball-"Fan-Gruppen" stünden. "Wir können auch Internet", sagte Wagner.

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Nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten erlebten gerade Muslime "eine neue Dimension des Hasses", sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, dem Kölner Stadtanzeiger. Der "braune Mob" tobe gerade in den sozialen Medien und sehe seine Vorurteile durch die Silvesternacht bestätigt. Rassistische und antimuslimische Haltungen nähmen seit einer ganzen Weile zu: "Solche Ereignisse wie in Köln fachen die Islamfeindlichkeit nochmals weiter an, weil Muslime unter Generalverdacht gestellt werden."

In den kommenden Tagen will die Polizei nun ihren Streifendienst verstärken und zusätzliche Beamte in die Innenstadt schicken, um weitere Angriffe zu verhindern.

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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