Kleine Kriminelle im Gepäck:Die schwedische Kofferbande

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Wie können Wertsachen aus den verschlossenen Laderäumen von Langstreckenbussen verschwinden? Offenbar haben Kriminelle in Schweden Kleinwüchsige oder Kinder in Koffern versteckt und als Gepäck aufgegeben.

Gunnar Herrmann

Kleinwüchsige Verbrecher sollen in den vergangenen Wochen schwedische Reisebusse geplündert haben. Der ungewöhnlichen Diebesbande kam die Polizei in der Kleinstadt Västerås westlich von Stockholm auf die Spur, indem sie ein kniffeliges Rätsel löste, das jedem Detektivroman Ehre gemacht hätte.

Seit die Busfahrgäste nur noch Gepäck unter 25 Kilo pro Person mitnehmen dürfen, haben die kleinen Koffer-Trickdiebe offenbar ein Problem. Seither gab es jedenfalls keine Diebstähle mehr. (Foto: Foto: dpa)

Im Laderaum von Langstreckenbussen der Firma Swebus waren mehrmals Koffer geöffnet und Wertgegenstände wie MP3-Spieler und Kameras entwendet worden. Die Befragung der Bestohlenen ergab, dass die Diebstähle nur während der Fahrt von Västerås nach Stockholm passiert sein konnten. Aber auf dieser Strecke gibt es keinen Zwischenstopp, außerdem wird der Laderaum vor der Abfahrt verschlossen.

Wie also konnten die Wertsachen verschwinden? Die Polizei kam zu einer verblüffenden Lösung: Offenbar recht kleine Kriminelle hatten sich selbst als Gepäck aufgeben lassen. Diesen Schluss zogen die Ermittler, als ein Fahrgast berichtete, er habe zwei Männer gesehen, die in Västerås einen sehr schweren Koffer in den Bus wuchteten.

Auffällig war, dass die beiden ihr klobiges Gepäckstück unbedingt in den fast vollen vorderen Laderaum legen wollten, statt den leeren weiter hinten zu benutzen. Nach der Ankunft hätten sie es sehr eilig gehabt, auszuladen und zu verschwinden. Die Polizei vermutet, dass in dem großen Koffer ein kleiner Mensch verborgen war.

Der soll während der etwa 90-minütigen Fahrt aus seinem Versteck gekommen sein, das Gepäck der anderen Fahrgäste seelenruhig durchsucht und sich dann mit den geklauten Wertgegenständen wieder eingepackt haben.

Ob der oder die Täter wirklich kleinwüchsige Erwachsene sind, oder ob die Verbrecher gar Kinder für ihre Zwecke missbraucht haben, ist unklar. "Wir haben keine brauchbare Personenbeschreibung für unsere Fahndung", sagte ein Polizeisprecher aus Västerås.

"Der Fahrgast, der uns den Tipp gegeben hat, konnte sich an die Gesichter der verdächtigen Männer nicht mehr so genau erinnern." Er habe den beiden mit dem Riesenkoffer damals keine besondere Beachtung geschenkt - stutzig wurde der Zeuge erst später, als er von den mysteriösen Diebstählen hörte. Für die bestohlenen Fahrgäste nahm die Geschichte nach Angaben des Busunternehmens wenigstens ein halbwegs gutes Ende: Die meisten Schweden haben eine Reiseversicherung, die solche Schäden abdeckt.

Die cleveren Raubzüge auf der Autobahn sorgten für Schlagzeilen, denn die Langstreckenbusse sind überaus populär. Schwedens Boulevardpresse taufte das Verbrecherteam mit dem großen Koffer auf den Namen "Zwergenbande".

Es gab sogar Forderungen nach Videoüberwachung: Mitarbeiter der Firma Swebus dachten darüber nach, Kameras in die Gepäckräume im Bus zu montieren. Schließlich war es aber einfacher, den Dieben das Handwerk zu legen: Wie ein Swebus-Sprecher mitteilte, habe das Unternehmen die Fahrer seiner Reisebusse angewiesen, das Gepäck beim Einladen genauer anzusehen als bisher.

Insbesondere wird nun das Gewicht der Koffer und Taschen strenger kontrolliert. Die Fahrer prüfen nun im Zweifelsfall nach, ob die Passagiere sich wirklich an die geltende Gewichtsgrenze von 25 Kilo Gepäck pro Person halten. Dieses Limit ist offenbar ein Problem für die kleinen Koffer-Trickdiebe. "Seit wir das machen, hat es jedenfalls keine Diebstähle mehr gegeben", sagte der Swebus-Sprecher.

© SZ vom 30.01.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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