Kirche - Schwerin:Opfer: Missbrauch in Kirche war Schweriner Leitung bekannt

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Neubrandenburg (dpa/mv) - Der sexuelle Missbrauch Minderjähriger durch Priester in der katholischen Kirche Mecklenburgs in der DDR-Zeit war nach Angaben von Betroffenen auch der Schweriner Leitung bekannt. Das wurde am Montagabend bei einem Treffen des Beirates zur Aufarbeitung mit dem Forschungsteam der Universität Ulm und Betroffenen in Neubrandenburg bekannt. Trotzdem seien Verantwortliche nicht eingeschritten, schilderten Betroffene. Dort stellten Beirat und die Leiterin der Studie und Professorin für forensische Psychiatrie, Manuela Dudeck, erstmals das Studienkonzept vor. Auch Erzbischof Stefan Heße nahm an dem Treffen teil.

Im Erzbistum Hamburg, zu dem Mecklenburg inzwischen gehört, wird die Aufarbeitung neben Priestern auch auf Missbrauchsfälle durch andere im Dienst der katholischen Kirche stehende Personen ausgedehnt, wie Martin Colberg als Leiter des Beirates zur Aufarbeitung der Vorfälle von 1945 bis 1989 sagte. Man hoffe, dass sich weitere Betroffene meldeten.

Mehrfach habe er Versuche von Geistlichen abwehren müssen, die sich an ihm hätten vergehen wollen, berichtete ein Betroffener. Er habe dadurch auch die Kirchengemeinde als "politischen Schutzraum" in der DDR verloren. Später sei er weggezogen und habe Informatik studiert statt Theologie, was er eigentlich wollte.

Im Erzbistum Hamburg, zu dem Mecklenburg nun gehört, wird die Aufarbeitung neben Priestern auch auf Missbrauchsfälle durch andere im Dienst der katholischen Kirche stehende Personen ausgedehnt, wie Martin Colberg als Leiter des Beirates zur Aufarbeitung der Vorfälle von 1945 bis 1989 sagte. Man hoffe, dass sich mehr Betroffene meldeten. Eine Studie der Deutschen Bischofskonferenz hatte ergeben, dass 17 Priester im mecklenburgischen Teil der katholischen Kirche des Missbrauchs beschuldigt werden. Insgesamt haben sich bisher 54 betroffene Männer und Frauen gemeldet, ähnlich viele wie in Hamburg und Schleswig-Holstein zusammen.

"Wir möchten alle Betroffenen Mut machen, sich zu melden", sagte Studienleiterin Dudeck, die nicht einer Kirche angehört. Das Konzept sehe vor, diese Leute zu befragen oder ihnen anonyme Fragebögen zuzusenden. Die Ehe-, Familien- und Lebensberatungen stünden den Menschen auf Wunsch bei, Therapien seien möglich. Auch damalige Umstände in der Kirche - ob hinderlich oder förderlich für eine Aufarbeitung - sollen analysiert und die gesellschaftlichen Zusammenhänge untersucht werden. Die Studie soll 2022 abgeschlossen sein. Betroffen sind unter anderem Dömitz, Neubrandenburg, Gadebusch, Tessin, Waren, Grevesmühlen, Neustadt-Glewe und Neustrelitz.

Wie Colberg, der auch das Archiv des Erzbistums leitet, sagte, sollen die Forscher erstmals Zugang zu Archiven bekommen, den sie bisher nicht hatten. Auch Stasi-Archive werden einbezogen. Beirat und Forscher würden den Datenschutz wahren. Betroffene könnten frei entscheiden, ob sie ihre Peiniger nennen. "Wenn Priester schuldig und heute noch tätig sind, werden sie aus dem Verkehr gezogen", machte Colberg deutlich. Zur Verantwortung gezogen wurden bisher zwei Geistliche aus Schleswig-Holstein.

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