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Kirche - Münster:Aufarbeitung Missbrauch: Bischof schlägt Machtverzicht vor

Münster (dpa/lnw) - Bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche will Münsters Bischof Felix Genn Macht abgeben. "Als Bischof bin ich dazu bereit, auch meinerseits Macht abzugeben und mich beispielsweise auch einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterzuordnen", hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Brief des Bischofs an ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitglieder von Pfarreiräten und Kirchenvorständen.

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Münster (dpa/lnw) - Bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche will Münsters Bischof Felix Genn Macht abgeben. "Als Bischof bin ich dazu bereit, auch meinerseits Macht abzugeben und mich beispielsweise auch einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterzuordnen", hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Brief des Bischofs an ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitglieder von Pfarreiräten und Kirchenvorständen.

Bistumssprecher Stephan Kronenburg konkretisierte auf dpa-Nachfrage: "Bislang liegt beim Bischof sowohl die Exekutive und die Judikative." Der Bischof könne zum Beispiel Personal entlassen oder versetzen, ohne dass diese Entscheidung innerkirchlich überprüfbar wäre. Mit einer neu aufzubauenden Verwaltungsgerichtsbarkeit könnten Entscheidungen der Bistumsleitung dann angefochten werden.

Genn greift damit eine bestehende Diskussion in der Deutschen Bischofskonferenz auf. Dort wird der Aufbau von Verwaltungsgerichten bereits als eine Möglichkeit genannt, um Machtmissbrauch durch Priester zu verhindern.

Es sei daher sinnvoll, dass so eine Lösung nicht nur für das Bistum Münster umgesetzt würde, sondern bundesweit im Rahmen der Deutschen Bischofskonferenz, sagte Bistumssprecher Kronenburg.

Die katholische Kirche hatte im September 2018 eine Studie zu sexuellem Missbrauch vorgestellt. Demnach sollen zwischen 1946 und 2014 mindestens 1670 katholische Kleriker 3677 Minderjährige missbraucht haben. Im Bistum Münster fanden sich bei 138 Klerikern Hinweise auf Beschuldigungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. Die Akten wurden an die Staatsanwaltschaft Münster übergeben.

Im November 2018 gestand das Bistum ein, dass der 2013 gestorbene Bischof von Münster, Reinhard Lettmann, in seiner Zeit als Generalvikar einen vorbestraften pädophilen Priester versetzt und damit weitere Missbrauchsfälle möglich gemacht hatte. Genn betont jetzt in dem Schreiben, dass es "systemische Bedingungen gibt, die sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche begünstigen. Die zwingende Konsequenz kann daher nur lauten, dass wir diese systemischen Bedingungen soweit als möglich verändern."

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