Kirche - Frankfurt am Main:Schuster warnt vor antisemitischen Verschwörungstheorien

Deutschland
Der Präsident des Zentralrats der Juden Josef Schuster in Frankfurt. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/archivbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat auf dem Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt vor einer Zunahme und Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien während der Coronapandemie gewarnt. Er beobachte in der Pandemie "gefährliche gesellschaftliche Verwerfungen", sagte er am Freitag auf einer Diskussionsveranstaltung, die wegen der Corona-Pandemie digital gestreamt wurde und zuvor aufgezeichnet worden war.

Auch in Deutschland sei die Situation der hier lebenden jüdischen Menschen angespannt durch die Entwicklung im Nahen Osten, sagte Marina Chernivsky, Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Prävention und Empowerment mit Blick auf Steinwürfe auf eine Synagoge und antisemitische Äußerungen bei Demonstrationen. "Juden sind blankem Hass ausgesetzt." In den vergangenen Tagen seien viele Anrufe äußerst beunruhigter Menschen eingegangen.

Dabei sei keinesfalls neu, dass deutsche oder europäische Juden pauschal mit Vorgängen in Israel gleichgesetzt würden, betonte Katharina von Schnurbein, Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission: "Die absolute Nummer Eins von Antisemitismus im Netz ist israelbezogener Antisemitismus." Während online wie offline die gleichen Regeln für die Strafbarkeit etwa von Holocaustleugnung gelten, müssten Kapazitäten aufgebaut werden, um Strafverfolgung im Netz zu betreiben, sagte sie. "Antisemitismus ist kein Problem der Juden, sondern ein Problem für uns alle in einer Demokratie."

"Was tun gegen Antisemitismus?" lautete das Thema des Gesprächs, in dem gleich mehrere Teilnehmer bedauerten, dass Juden in Deutschland nur im Zusammenhang mit Nationalsozialismus und Schoah wahrgenommen würden. Schuster wünschte sich, dass Juden in Schulen oder in der Bildungsarbeit nicht nur in der Opferrolle gezeigt werden, "sondern auch, was jüdische Menschen in diesem Land geschaffen haben."

Schuster forderte gesamtgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und hob insbesondere die Rolle der Schulen hervor: "Kein Mensch wird als Antisemit geboren. Es ist wichtig, dass Kinder von Anfang an Bildungsangebote haben, die dafür sorgen, dass sie nicht zu Antisemiten werden."

© dpa-infocom, dpa:210514-99-598798/2

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: