Kirche - Frankfurt am Main:Katholiken beginnen Beratungen über Reformen

Deutschland
Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, geht bei der Eucharistiefeier im Frankfurter Dom mit Weihrauch um den Altar. Foto: Andreas Arnold/dpa (Foto: dpa)

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Frankfurt/Main (dpa) - Kardinal Reinhard Marx hat vor Beginn der ersten Synodalversammlung der deutschen Katholiken für Gemeinsamkeit und respektvolles Miteinander geworben. Es gehe darum, gemeinsam mitzuhelfen, "dass Kirche Glaubwürdigkeit zurückgewinnt", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag in Frankfurt. Bis Samstag tagt dort erstmals die Versammlung des Synodalen Weges, eines im Dezember eingeläuteten Reformprozesses der katholischen Kirche in Deutschland.

"Wir machen jetzt ein Experiment", sagte Marx zu dem in dieser Art beispiellosen Vorhaben. "Das ist etwas, was es so in der Form noch nicht gegeben hat." Er zeigte sich zuversichtlich, warb aber auch um realistische Erwartungen an die Ergebnisse: "Wir sind keine gesetzgebende Versammlung, kein Parteitag." Man könne nicht alle Probleme lösen und bewege sich im Rahmen der Regularien der Weltkirche. "Aber unterschätzen wir auch nicht die Sache."

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, zeigte sich ebenfalls optimistisch: Er sei "guten Mutes, dass wir zu guten Ergebnissen finden werden". Man wolle diskutieren und gemeinsam nach Antworten suche. Das sei eine große Chance und auch eine ganz große Verantwortung.

Die mit Bischöfen, Katholikenvertretern und weiteren Kirchenmitgliedern besetzte Versammlung soll vier Themenfelder bearbeiten: den Umgang der Kirche mit Macht, die kirchliche Sexualmoral, die Ehelosigkeit von Priestern (Zölibat) und die Position von Frauen in der Kirche. Am Ende des auf zwei Jahre angelegten Reformprozesses sollen konkrete Beschlüsse stehen. Dem Gremium gehören 230 Mitgliedern an: die 69 deutschen Bischöfe, 69 Vertreter des ZdK und 92 Vertreter katholischer Berufsgruppen. Hintergrund des Vorhabens ist die durch den Missbrauchsskandal ausgelöste Krise der katholischen Kirche.

Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" blickt mit einer Mischung aus Hoffnung und Skepsis auf die beginnenden Beratungen des Synodalen Wegs. "Der Synodale Weg wird kein Spaziergang werden, er wird eine anspruchsvolle Bergbesteigung werden", sagte ihr Sprecher Christian Weisner. Er bezeichnete den Synodalen Weg als eine "letzte Chance" und untrennbar mit dem Missbrauchsskandal verbunden. Weisner kritisierte eine "Pseudobeteiligung" der kirchlichen Laien, es sei nicht transparent, wie die Teilnehmer berufen wurden.

Matthias Katsch von der Organisation "Eckiger Tisch" der vom Missbrauch betroffenen Menschen forderte eine Aussetzung des Synodalen Wegs, bis sich die Kirche auf eine Entschädigungsregelung für ihre Opfer geeinigt habe. "Aus unserer Sicht kann der Synodale Weg nicht starten, solange die Opfer draußen vor der Tür stehen und immer noch auf eine Antwort warten", sagte er. "Erst die Opfer - dann die Reform, nicht umgekehrt."

Unmittelbar vor dem Eröffnungsgottesdienst demonstrierten mehrere Dutzende Frauen vor dem Dom für Geschlechtergerechtigkeit. "Diese Kirche tötet Glaube, Liebe, Hoffnung", stand auf einem Plakat. Einige der Demonstrantinnen forderten die Frauen-Ordination.

Die erste Synodalversammlung tagt noch bis Samstag. Bis Ende 2021 sollen drei weitere Treffen in Frankfurt folgen.

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