Kirche:EKD-Chef kritisiert EU wegen Hilfe für libysche Küstenwache

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Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Foto: Sebastian Gollnow/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat der Europäischen Union vorgeworfen, die libysche Küstenwache finanziell zu unterstützen, um Flüchtlinge zurückzuhalten.

"Ich halte das für unverantwortlich", sagte der bayerische Landesbischof der Deutschen Presse-Agentur. "Die libysche Küstenwache besteht aus früheren Milizionären, kann also kein Partner für eine zivile, an den Menschenrechten orientierte Organisation sein." In den libyschen Flüchtlingslagern würden Menschenrechte mit Füßen getreten, Frauen zur Prostitution gezwungen.

Libyen ist eines der Haupttransitländer für Flüchtlinge aus Afrika auf dem Weg nach Europa. Damit weniger Migranten über das Mittelmeer in die Europäische Union kommen, arbeitet die EU seit Jahren mit der libyschen Küstenwache zusammen und unterstützt sie darin, die Migranten zurück in das Bürgerkriegsland zu bringen. So wird die libysche Küstenwache seit 2016 von der EU ausgebildet. Zudem leistet die EU finanzielle Hilfe etwa zur Grenzüberwachung. In libyschen Lagern drohen Migranten nach Angaben von Hilfsorganisationen Folter, Sklaverei und Missbrauch.

Die vom Bündnis "United4Rescue" unterstützten Flüchtlingsschiffe, darunter auch die "Sea Watch4", haben nach Angaben von Bedford-Strohm bisher etwa 2000 Menschen gerettet. Mittlerweile werde das von der EKD initiierte Hilfsprojekt von 800 Organisationen unterstützt. "Da ist die schweizerische katholische Bischofskonferenz dabei, da sind Wirtschaftsunternehmen dabei, Gemeinden - ein ganz breites Bündnis."

Die Geretteten müssten auf die europäischen Länder verteilt werden, forderte Bedford-Strohm. Es gebe viele Städte, die sich zur Aufnahme bereiterklärt hätten, doch werde dies von den nationalen Regierungen verhindert. "Das finde ich unerträglich. Jedes Mal muss verhandelt, gefeilscht werden: Wo können gerettete Menschen, die Schlimmes erlebt haben, überhaupt erstmal an Land gehen? Das muss sich ändern. Deshalb brauchen wir einen europäischen Verteilmechanismus." Notfalls müssten hier einzelne Staaten vorangehen. "Man kann nicht immer unter Verweis darauf, dass in Europa noch keine Einigkeit herrsche, verhindern, dass die Staaten, die willens sind, endlich handeln."

© dpa-infocom, dpa:211030-99-795760/2

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