Kirche - Dresden:Synode bestimmt neuen Landesbischof: Frau unter Kandidaten

Chemnitz
Andreas Beuchel (l-r), Ulrike Weyer und Tobias Bilz, die drei Kandidaten für das Bischofsamt. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Dresden (dpa/sn) - Die Debatte im Nachgang der Affäre um den früheren Landesbischof Carsten Rentzing in der sächsischen Landeskirche hält weiter an. Vier Monate nach dem Rückzug des erzkonservativen Theologen vom Amt will die Synode an diesem Wochenende (28. Februar/1. März) dessen Nachfolge regeln. Unter den drei Kandidaten ist - wie schon 2015 - eine Frau: Superintendentin Ulrike Weyer aus Plauen (46) im Vogtland. Auch ihre Mitbewerber Andreas Beuchel (56), Superintendent von Meißen/Großenhain und Oberlandeskirchenrat Tobias Bilz (55) sind gebürtige Sachsen.

Die Theologen und Pfarrer stehen für eine ehrliche und offene Aufarbeiten des Skandals um Rentzing. Der erzkonservative gebürtige West-Berliner war seit Juli 2015 Bischof und wegen der Mitgliedschaft in einer schlagenden Verbindung in die Kritik geraten. Dann waren Texte öffentlich geworden, die er zwischen 1989 und 1992 während seines Jurastudiums für eine rechte Zeitschrift verfasst hatte. Die heftige Debatte um seine Person und Vergangenheit hatte zu Auseinandersetzungen zwischen Konservativen und Liberalen innerhalb der Landeskirche geführt. Ende Oktober war Rentzing vorzeitig aus dem Amt geschieden.

Bei einer Sondertagung bestimmen nun die Synodalen, die sich 2015 für Rentzing entschieden hatten, wer ihm nachfolgt - und das in einer Zeit großer Uneinigkeit in Landeskirche und Kirchenparlament. Es geht um die Unterscheidung zwischen wertkonservativem Christsein und Rechtsextremismus. Die Bischofskandidaten sprachen sich bei drei Vorstellungsrunden in Dresden, Leipzig und Chemnitz mit Blick auf die kircheninterne Polarisierung für eine ehrliche und offene Aufarbeitung aus, auf der Basis von Glauben, Versöhnung und Vergebung, friedlich und im Respekt vor der Meinung des Anderen.

Um das Amt kann man sich nicht bewerben, man wird gefragt. Und Weyer, Bilz, die Kandidaten der Kirchenleitung, sowie der von der Synode vorgeschlagene Beuchel haben ihre Bereitschaft erklärt. Ihre Karrieren ähneln sich. Alle Drei haben erst eine Berufsausbildung gemacht, ehe sie Theologie studierten - Bilz und Beuchel in Leipzig, Weyer an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Sachsen-Anhalt) -, sind verheiratet und haben Kinder. Bilz und Weyer sind gebürtige Dresdner, Beuchel kam im nahen Pirna zur Welt.

Weyer, gelernte Wirtschaftskauffrau, begann 2004 als Pfarrerin in Nordsachsen, machte eine klinische Seelsorgeausbildung, bevor sie 2015 Superintendentin im Kirchenbezirk Plauen wurde, seit Anfang 2020 vergrößert zum Kirchenbezirk Vogtland. Beuchel, gelernter Techniker, wuchs in einem Pfarrhaus auf, hatte Pfarrstellen in einer Kirchgemeinde bei Großenhain und danach im Dresdner Stadtteil Bad Weißer Hirsch. Bis 2015 war er dann acht Jahre Rundfunkbeauftragter der Landeskirche.

Für den aus der Nähe von Wurzen (Landkreis Leipzig) stammenden Bilz ist es die zweite Bischofswahl. 2015 war der damalige Landesjugendpfarrer nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zum Abschluss knapp Rentzing unterlegen. Er ist seit Anfang 2019 als Oberlandeskirchenrat im Landeskirchenamt und unter anderem für die Kirchlichen Werke und Einrichtungen, Seelsorge, Gemeindeaufbau und Medien zuständig. Seinen Pfarrdienst hatte er im Erzgebirge begonnen.

Für den ersten Wahltag Samstag sind maximal drei Durchgänge geplant. Sollte bis zum Abend kein Ergebnis vorliegen, wird die Wahl am nächsten Tag fortgesetzt. Gewählt ist, wer im ersten oder zweiten Wahlgang mindestens zwei Drittel der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht. Ab dem dritten Durchgang reicht mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen, ab dem fünften Wahlgang die einfache Mehrheit.

Synodalpräsident Otto Guse rechnet dieses Mal mit einer schnelleren Entscheidung. Da es nur drei Kandidaten seien, werde sich schneller ein Trend abzeichnen. Aus seiner Sicht haben Beuchel, Bilz und Weyer gleichermaßen das Format, das höchste geistliche Amt in der Landeskirche auszufüllen. Die Synode wünsche sich eine Person, "die moderieren und unterschiedliche Gruppen, Interessen und Prägungen zusammenführen kann", so Guse. Die im Zuge der Debatte um Amtsvorgänger Rentzing verschärfte Polarisierung innerhalb der sächsischen Landeskirche gehöre ebenso zu den Herausforderungen wie die Strukturreform im Zuge der demografischen Veränderungen und die Digitalisierung. "Wenn die Menschen im Internet sind, so muss ein Landesbischof/eine Landesbischöfin sie dort auch suchen."

Die letzte Bischofswahl 2015 war mit fast zwei Tagen und vier Wahlgängen die bisher längste in der Geschichte der Landeskirche. Damals hatten sich drei Männer und - erstmals - auch eine Frau um das Amt beworben. Der Landesbischof wird für je zwölf Jahre gewählt. Es ist der letzte Akt für die 27. Landessynode, Anfang März wird eine neue bestimmt. Die Noch-Mitglieder könnten vor dem Auseinandergehen für eine Überraschung sorgen - mit einem Votum für Sachsens erste Bischöfin.

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