Kirche - Bremen:Verurteilter Pastor: "Mein Glaube ist an die Bibel gebunden"

Bremen
Der Angeklagte (M) steht vor Beginn des Berufungsverfahrens vor dem Bremer Landgericht mit seinen Anwälten im Gerichtssaal. Foto: Sina Schuldt/dpa (Foto: dpa)

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Bremen (dpa/lni) - Das Landgericht Bremen verhandelt seit Montag in einem Berufungsverfahren gegen den Bremer Pastor Olaf Latzel wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung. Der evangelische Geistliche war am 25. November 2020 vom Amtsgericht wegen abwertender Äußerungen über Homosexualität und Genderformen zu einer Geldstrafe von 8100 Euro verurteilt worden. Dagegen ging der 54-Jährige in Berufung. Auch wenn man ihm eine harte Sprache nachsagen könne, sei er zutiefst gegen die Ausgrenzung von Menschen, sagte der Angeklagte zum Prozessauftakt.

Latzel, der seit Ende 2007 Pastor der St. Martini-Gemeinde in Bremen ist, hatte im ersten Teil eines rund zweistündigen Eheseminars im Oktober 2019 unter anderem von "Genderdreck", Verbrechern und einer "Homo-Lobby" gesprochen, die teuflisch sei. Das Seminar war im März 2020 kurzzeitig als Audiodatei auf Youtube eingestellt worden.

Die Staatsanwaltschaft sprach am Montag von einem "auf der Hand liegenden öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung". Aus diesem Grund lehnte die Anklagevertretung auch den Wunsch der Verteidigung ab, das Verfahren gegen Auflagen einzustellen.

Das Eheseminar fand damals nach Angaben des Pastors in geschlossenem Rahmen vor rund 30 Ehepaaren der Gemeinde statt und sollte nicht als Datei ins Internet gestellt werden. Das Thema selbst war an Latzel herangetragen worden, wie ein Seminarteilnehmer am Montag als Zeuge aussagte. Die Atomsphäre sei damals "ziemlich entspannt", ruhig und angenehm gewesen, erinnerte sich der 41-Jährige. Es sei um das Auffrischen der biblischen Sichtweise auf die Ehe gegangen. Die entsprechenden Stellen der Audio-Datei wurden am Montag auch im Gericht vorgespielt.

Dort referierte der Pastor die bibeltheologische Auslegung der Ehe. In diesem Zusammenhang sagte er, dass der "ganze Genderdreck eine Art Angriff auf Gottes Schöpferordnung" sei. Zudem: "Überall laufen diese Verbrecher rum vom CSD (Christopher Street Day), feiern Partys und am Rathaus hängt die Regenbogenfahne. Das sind bewusst anti-christliche Dinge, mit denen die Ehe torpediert wird."

Latzel betonte am Montag, die Bibel mache grundsätzlich einen Unterschied zwischen der Homosexualität als Sünde und dem Sünder. "Das ist etwas, was meinen Dienst trägt." Das Gleiche gelte für Ehebruch, der ebenso abzulehnen sei wie die homosexuelle Tat. Nach der Bibel seien alle Menschen Sünder. "Mein Glaube ist an die Bibel gebunden." Er wende sich aber zutiefst gegen die Ausgrenzung von Menschen: "Auch Homosexuelle gehören ganz selbstverständlich zu unserer Gemeinde."

In dem Prozess geht es auch um die verfassungsrechtlich verankerte Meinungsfreiheit und deren Grenzen. Latzels Verteidiger sah die Äußerungen seines Mandanten auch durch die Religionsfreiheit gedeckt, da dessen Positionen die der Bibel wiedergäben. Bestimmte biblische Positionen könnten aber nicht unter Strafe gestellt werden, argumentierte er.

Bei der Bremischen Evangelischen Kirche läuft ein Disziplinarverfahren gegen Latzel, das aber solange ruht, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Für die Verhandlung, die am Freitag fortgesetzt wird, sind vier Prozesstage angesetzt. (AZ 51 Ns 225 Js 26577/20)

© dpa-infocom, dpa:220509-99-213159/6

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