Kindesmisshandlung:"Täter ging äußerst überlegt vor"

Verprügelt, kahl rasiert und dann nackt ausgesetzt - die Polizei sucht nach den Eltern des kleinen Mädchens, dass schwer misshandelt auf einer Toilette des Stiftungskrankenhauses in Weißenhorn bei Krumbach aufgefunden wurde. Die 3-Jährige starb wenige Stunden später.

Von Guido Kleinhubbert

(SZ vom 8.1.2004) - Das erschlagene Mädchen, das am Montag auf einer Damentoilette des cgefunden wurde, ist noch immer nicht identifiziert. Wie Walter Böhm, der Chef der Polizeidirektion Krumbach, sagte, gestaltet sich die Aufklärungsarbeit "sehr schwierig". Grund sei das "äußerst überlegte Vorgehen" des Täters. Der Mann oder die Frau habe sogar daran gedacht, dem etwa drei Jahre alten Mädchen vor der Fahrt zum Krankenhaus die Kleider auszuziehen, es zu waschen und ihm dem Kopf kahl zu rasieren. "Das alles ist wohl gemacht worden, um Spuren zu verwischen", sagte Böhm.

Kindesmisshandlung: Wer kennt das Kind, das im Stiftungskrankenhaus Weißenhorn schwer mißhandelt aufgefunden wurde?

Wer kennt das Kind, das im Stiftungskrankenhaus Weißenhorn schwer mißhandelt aufgefunden wurde?

(Foto: Foto: dpa)

Das Kind war wenige Stunden, nachdem es entdeckt wurde, an seinen schweren Verletzungen gestorben. Es hatte nicht mehr die Kraft dazu, seinen Namen zu nennen oder irgendetwas anderes zu sagen, das zum Täter führen könnte. "Von dem, was wir haben, können wir auf gar nichts schließen", sagte Böhm.

Sonderkommission aufgestockt

Um die Identität des Kindes zu klären, wurde die eingesetzte Sonderkommission um fünf Beamte aus Neu-Ulm, Krumbach und Weißenhorn auf zwanzig Männer und Frauen aufgestockt. Am Mittwoch veröffentlichten die Ermittler ein Foto der Leiche - offenbar sieht man darin die einzige Chance, um das Verbrechen aufzuklären. "Sollte jemand das Kind auf dem Foto erkennen, haben wir den Täter schnell", sagte Polizeidirektor Böhm. Experten des Landeskriminalamtes (LKA) bearbeiteten das Foto zuvor am Computer so, "dass es Zeitungslesern und Fernsehzuschauern zuzumuten ist", wie Böhm sagte.

Oberkörper und Gesicht des Mädchens sind mit tiefen Kratzern und zahlreichen "Spuren stumpfer Gewalt" übersät - das Kind war wohl mit einem harten Gegenstand geschlagen worden. Das Mädchen hat blondes Haar, ist hellhäutig und wird von der Polizei als "gut genährt" bezeichnet. Die Fahnder setzen bei ihrer Arbeit auch auf die Hilfe des Fernsehens. Die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY...ungelöst" soll am heutigen Donnerstag über den Fall berichten. Für Hinweise wurde die Sonderrufnummer (0731)8013291 eingerichtet.

Mögliche Täter: die Eltern

Böhm und seine Kollegen gehen davon aus, dass das Kind von seiner Mutter oder seinem Vater erschlagen wurde - anders könnten sie sich nicht erklären, dass keine Vermisstenanzeige vorliegt. Mehrere Personen aus Weißenhorn und Umgebung, die in der Vergangenheit wegen Kindesmisshandlung und ähnlichen Delikten aufgefallen waren, wurden mittlerweile kontrolliert - ohne Erfolg. Die Polizei vermutet allerdings, dass die Täter nicht allzu weit entfernt wohnen und das Kind in Weißenhorn oder Umgebung erschlagen haben.

Da inzwischen feststeht, dass das Mädchen nicht sexuell missbraucht wurde, schließen die Beamten aus, dass es von Kinderschändern nach Deutschland entführt wurde. Dem LKA sind Fälle bekannt, in denen kleine Mädchen und Buben aus Osteuropa nach Bayern verschleppt wurden, um sie Päderasten zum Missbrauch anzubieten.

Zu spät entdeckt

Wie die Obduktion des Mädchens ergab, ist es vermutlich schon zwei bis drei Stunden vor seinem Auffinden auf der Damentoilette im dritten Stock des Stiftungskrankenhauses abgelegt worden. Eine Frau, die einen Patienten der chirurgischen Station besuchte, entdeckte das Kind gegen 16 Uhr auf dem Boden. Es lag auf den grauen Fliesen, direkt vor der WC-Schüssel, zugedeckt mit einem Leinentuch. Laut Polizei sei es "durchaus möglich", dass das Mädchen noch leben könnte, wäre es nur früher entdeckt worden: Besonders bei inneren Blutungen zähle jede Minute.

Der Chef des Stiftungskrankenhauses Weißenhorn, Konrad Hunger, bezeichnete es als "puren Zufall", dass so lange keine Frau in die Toilettenkabine gegangen sei. Normalerweise herrsche ab 14 Uhr Hochbetrieb im Haus. Dass keiner der etwa 120 Patienten und 80 Pflegekräfte, die am Montag auf der Station waren, etwas Auffälliges beobachtet habe, sei nicht ungewöhnlich, sagte Böhm.

Das Kind könnte zum Beispiel in einer Sporttasche transportiert worden sein. Der Täter musste etwa zehn Meter weit durch die Empfangshalle des Krankenhauses gehen, den Infoschalter passieren und in den Aufzug steigen. Im dritten Stock angekommen, sind es zehn Meter bis zur Toilette. "Ein kurzer Weg", sagte Hunger, der den Montag als "schwärzesten Tag in der Klinikgeschichte" bezeichnete. "Das einer so etwas tut", fügte er dann hinzu, "ist einfach unerklärlich."

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