Ostwestfalen:Physiotherapeut unter Missbrauchsverdacht

  • In Ostwestfalen-Lippe gibt es erneut einen Fall von Kindesmissbrauch. Unter Verdacht steht ein 60-Jähriger, der als Physiotherapeut und Heilpraktiker arbeitet.
  • Der Mann soll während der Behandlungen bei mindestens zwei mutmaßlichen Opfern Fotos gemacht haben, die von kinderpornografischem Charakter sind.
  • Die Polizei prüft, ob es weitere Opfer gab.

Ein 60 Jahre alter Physiotherapeut und Heilpraktiker aus Bad Oeynhausen soll in seiner Praxis bei Behandlungen mehrfach pornografische Fotos von zwei Minderjährigen angefertigt haben. Daneben soll er zahlreiche kinder- und jugendpornografische Bilder besessen haben.

Der Mann befinde sich wegen Wiederholungsgefahr seit vergangener Woche in Untersuchungshaft, teilte die Polizei Dortmund am Donnerstag mit. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt gegen den Mann. Staatsanwalt Moritz Kutkuhn zufolge sind die betroffenen Kinder unter 14 Jahren alt. Weitere Verdächtige gebe es nicht, sagte Staatsanwalt Moritz Kutkuhn.

Wie die Bild-Zeitung schreibt, soll ein IT-Fachmann aus Baden-Württemberg die Polizei bereits im Herbst 2017 auf die Spur des Mannes gebracht haben. Der IT-Fachmann war von dem Heilpraktiker beauftragt worden, "per Ferndiagnose", wie es in dem Artikel heißt, dessen Computer zu reparieren. Dabei soll er offenbar kinderpornografisches Material auf dem Rechner entdeckt, dieses Material gesichert und anschließend der Polizei übergeben haben.

In dem Bild-Artikel heißt es weiter, dass dann fast anderthalb Jahre vergangen seien, bis die Ermittler die Privatwohnung und die Praxis des Heilpraktikers durchsucht und Computer, Festplatten und DVDs beschlagnahmt hätten. Offenbar seien die Polizisten bei den Durchsuchungsversuchen zuvor mehrfach wieder abgezogen, weil der Verdächtige zu Hause nicht angetroffen werden konnte.

Innenminister nimmt zu dem Fall Stellung

Erst als im Februar der Missbrauchsskandal in Lügde ans Licht kommt und im Zuge dessen sämtliche laufenden Verfahren, in denen es um Kindermissbrauch geht, genauer beleuchtet werden, seien auch die Ermittlungen im Fall des Heilpraktikers intensiver geworden. Eine direkte Verbindung zu den Ermittlungen im Fall Lügde gibt es aber offenbar nicht.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul nahm bei einer Sitzung des Innenausschusses im Landtag Stellung zu den Ermittlungen gegen den Heilpraktiker. "14 Monate vom Eingang des Verfahrens bis zur ersten erfolgreichen Durchsuchung" seien eine "lange Beobachtungszeit". Gerade vor dem Hintergrund des Berufes des Beschuldigten hätte die Bearbeitung des Falls höher priorisiert werden müssen", so Reul. Allerdings habe die kleine Kreispolizeibehörde in Minden derzeit 50 Kinderpornografie-Verfahren zu bearbeiten. "So schlimm es ist, der Besitz von Kinderpornografie ist im Zeitalter des Internets zum Massendelikt geworden" sagte der Innenminister.

Die Polizei versucht nun herauszufinden, ob noch weitere Minderjährige Opfer des unter Verdacht stehenden Heilpraktikers wurden. Das Polizeipräsidium Dortmund hat dazu spezialisierte Ermittler und Opferschutzbeauftragte nach Ostwestfalen geschickt. In Bad Oeynhausen und im nahe gelegenen Minden sind nun mobile Ermittler-Teams in der Öffentlichkeit unterwegs. An zentralen Plätzen haben sie Anlaufstellen eingerichtet. Dort können sich Betroffene und Zeugen melden.

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