Kinderschützer:Jugendämter reagieren zu schnell

Der Kinderschutzbund ist der Meinung, dass nach dem Tod Kevins viele Jungen und Mädchen vorschnell aus ihren Familien genommen werden.

Nach dem tragischen Tod des kleinen Kevin aus Bremen werden viele Jungen und Mädchen nach Meinung des Deutschen Kinderschutzbundes vorschnell in Heimen oder Pflegefamilien untergebracht. "Viele Mitarbeiter in den Jugendämter haben nun Angst und Sorge", sagte Präsident Heinz Hilgers in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Sie denken, dann nehme ich das Kind lieber aus der Familie, ehe nachher der Staatsanwalt bei mir steht."

Eine schwierige Entscheidung: Wann muss man das Kind vor der eigenen Familie schützen? (Foto: Foto: dpa)

Die sogenannte Fremdunterbringung dürfe immer nur das letzte Mittel sein, wenn das Leben oder die Entwicklung eines Kindes massiv gefährdet sei. Sie könne sonst schlimme psychische Folgen haben.

Kevin, der unter Vormundschaft des Jugendamtes stand, war im Oktober 2006 tot im Kühlschrank seines drogensüchtigen Ziehvaters gefunden worden. Viele Stellen wussten von dem Schicksal des Jungen, Hilfe kam für den Zweijährigen jedoch zu spät. Am kommenden Donnerstag will das Landgericht Bremen im Prozess gegen den Ziehvater das Urteil sprechen. Jede Woche kommen in Deutschland nach Angaben von Hilgers im Schnitt zwei bis drei Kinder auf ähnliche Weise wie Kevin ums Leben.

Es müsse frühzeitig etwas gegen die häufige Ursache von Gewalt und Vernachlässigung - die Überforderung der Eltern - getan werden, forderte der Präsident des Kinderschutzbundes. Wichtig seien lokale Netzwerke zwischen Jugendhilfe, Gesundheitshilfe und Bildungseinrichtungen. Seit dem Fall Kevin hätten viele Städte auf diesem Gebiet Fortschritte gemacht. "Das ist gut für die künftigen Entwicklungschancen der Kinder."

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